«Klar, wir jammern alle hin und wieder», sagt die Psychologin und Psychotherapeutin Sandra Figlioli-Hofstetter. «Aber dann ist es auch mal wieder gut», sagt sie aus Erfahrung.
Beim Nörgeln ist der Fokus im Gegensatz zum Jammern gegen aussen gerichtet
Wer hingegen an allen und allem etwas auszusetzen hat und immer und überall nörgelt, verströmt eine negative Energie, die das ganze Umfeld vergiftet. Der französische Psychoanalytiker Saverio Tomasella nennt das Phänomen in seinem gleichnamigen Buch das «Calimero-Syndrom».
Calimero, das italienische schwarze Comicküken mit der Eierschale auf dem Kopf, ist bekannt dafür ständig zu jammern und zu nörgeln.
Der kleine Unterschied
Jammern und nörgeln sind nicht das gleiche. Und doch sind Jammern und nörgeln nahe verwandt, fast wie Geschwister. «Beim Nörgeln ist der Fokus im Gegensatz zum Jammern gegen aussen gerichtet», sagt die Psychotherapeutin. Das kann der verspätete Bus sein, das Wetter oder das Essen im Restaurant. «Häufig ist das auch ein Attributionsstil, wie wir Psychotherapeutinnen sagen.» Damit ist in der Psychologie die Zuschreibung von Ursachen für ein bestimmtes Verhalten gemeint.
Handelt es sich um eine Person aus dem nahen Umfeld, empfehle ich, das Gespräch zu suchen
Man lenke die Schwierigkeiten ins Aussen, indem man sich eben zum Beispiel über das Wetter beklage. «Eigentlich wäre das eine Einladung im Innern zu reflektieren: Was ist eigentlich bei mir los, dass ich das Aussen so negativ aufnehme?»
Die Nörglerin und der Jammerer bei Einladungen
Besonders mühsam sind Nörgler und Jammerinnen an der Weihnachtsfeier. Mit diesen Menschen zu Feiern hat man vielleicht gar keine Lust. «Handelt es sich um eine Person aus dem nahen Umfeld, empfehle ich, das Gespräch zu suchen», Sandra Figlioli-Hofstetter. Schliesslich kann jemand mit seinem Stänkern das ganze Fest ruinieren.
Es gehe um ein ehrliches und authentisches Gespräch. Am besten zeigt man auf, wie das Meckern auf einen selbst und die anderen Gäste wirkt. «Und: Man darf auch von Angesicht zu Angesicht darauf hinweisen, dass man sich mit dem Gedanken trage, den Stimmungskiller nicht mehr zum Fest einzuladen.» Das ist dicke Post.
Mit Ich-Botschaften arbeiten…
Bloss, wie formuliere ich so eine Ich-Botschaft, damit das Gegenüber sie auch aufnimmt und nicht beleidigt reagiert? Am besten suche man das Gespräch ein paar Tage vor dem Fest, sagt Figlioli-Hofstetter. Sie empfiehlt, die Unterhaltung mit etwas Positivem zu beginnen: «Mir ist es wichtig, dass Du mit uns mitfeierst.» Oder: « Wir schätzen Dich sehr.» Man dürfe ruhig ein paar positive Eigenschaften dieses Menschen aufzählen.
…und Fragen stellen
Und wenn man dann zum Kern der Sache komme, empfiehlt die Psychologin, eine Frage zu stellen: «Fällt Dir auch auf, dass Du häufig nur das Negative siehst oder ins Jammern verfällst? Vielleicht finden wir einen Weg damit umzugehen.» Und man dürfe das Gegenüber ruhig auch darauf aufmerksam machen, dass einem selbst all das Negative nicht guttue.
Wichtig ist, von sich zu sprechen und wie es sich bei einem selbst anfühlt.
«Wichtig ist, von sich zu sprechen und wie es sich bei einem selbst anfühlt.» So dass die Nörglerin und der Jammerer bis zur Einladung genügend Zeit haben, ihr Verhalten zu reflektieren. Damit es ein fröhliches Fest wird, das den Namen verdient.