Das hat noch niemand zuvor gemacht. Den Kalorienverbrauch werdender Mütter gezählt. Und zwar systematisch und vergleichend bei 81 Tierarten – vom Rädertierchen bis zum Menschen. «Man würde doch denken, da habe schon einmal jemand hingeschaut. Das hat uns schon erstaunt», sagt Dustin Marshall, Professor für evolutionäre Biologie an der Monash Universität Melbourne.
Noch erstaunlicher war für das australische Forschungsteam dann aber das Resultat der eigenen Studie. Die Menge an Energie, die trächtige Tiere in ihren kleinen Nachwuchs investieren, ist viel grösser als bisher geschätzt.
Eine menschliche Schwangerschaft verschlingt fast 50'000 Kalorien – umgerechnet eine Ration von sieben Kilo purem Fett oder deutlich appetitlicher: 22 Liter Doppelrahmglacé. Das Weisswedelhirschweibchen verbrennt für sein Kälbchen sogar 112'000 Kalorien. Frühere Berechnungen einzelner Wissenschaftler waren viel zu mager ausgefallen.
Der Energiehunger der Mütter
Es kam noch dicker. Als die australischen Forscherinnen und Forscher untersuchten, wo die vielen Kalorien genau hinfliessen, waren sie perplex. Nicht der Fötus ist gefrässig, der Körper der Mutter ist es.
Bei vielen Tierarten sind die indirekten Kosten der Schwangerschaft grösser als die direkten. Das heisst, der wachsende Fötus verzehrt nur einen kleinen Teil der Energie. Den Grossteil benötigt die Mutter, um ihren Organismus während der Schwangerschaft aufrechtzuerhalten und dem Kind die Umgebung zu bieten, die es gedeihen lässt. «Das war sehr überraschend für uns», erzählt Erstautor Samuel Ginther.
Das Baby wird zum Rundungsfehler
Besonders extrem ist das Verhältnis bei den Säugetieren. Nur zehn Prozent der gesamten Schwangerschaftsenergie gehen direkt in den Fötus. Im Schnitt. Beim Menschen ist es noch weniger.
Lediglich vier Prozent der Energie sind im Körper des Fötus gespeichert. «Das hat uns schockiert. Wir haben immer wieder nachgerechnet», sagt Dustin Marshall. «Das Baby ist in dieser Rechnung kaum mehr als ein Rundungsfehler.»
Gross oder klein, wechselwarm oder gleichwarm – das ist die Frage
Nicht jede Schwangerschaft ist so zehrend wie die menschliche. Dabei spielt die Grösse der Tiere eine Rolle und ob sie wechselwarm sind, wie Reptilien, oder gleichwarm wie die Säuger. Säugetiermütter kostet eine Schwangerschaft dreimal mehr Energie als Reptilien und andere wechselwarme Tiere derselben Grösse.
Die Stoffwechselrate bei Säugetieren ist hoch. Der Heizkessel muss quasi ständig gefüttert werden, um die Körpertemperatur konstant zu halten – auch wenn’s draussen kalt ist. Dieser gewaltige Aufwand könnte einer der Gründe sein, weshalb Tiere mit einer lang dauernden Tragzeit sich auch nach der Geburt intensiv um ihre Jungen kümmern.
Energie sparen dank Outsourcing
Da haben’s wechselwarme Tiere deutlich einfacher. Sie nehmen es, wie’s kommt und müssen ihre Körper nicht warmhalten. Besonders cool haben es jene Mütter unter ihnen, die ihre Schwangerschaft auslagern können. Eierlegende Schlangenweibchen wenden viel weniger indirekte Energie auf als lebend gebärende Schlangen. Ist das Ei erst mal gelegt, ist die Schwangerschaft für sie passé.
Natürlich gibt es noch weit sparsamere Mütter. «Klein und kalt» ist die Formel ihrer Supereffizienz. Dem höchstens ein Millimeter grosse Rädertierchen zum Beispiel genügt für ein Junges gerade einmal ein Millionstel einer Kalorie.