Unser Gehirn kennt einen Rhythmus, bei dem es einfach mitmachen muss: der Groove des sozialen Handelns.
Wenn zwei Menschen etwas miteinander tun, – musizieren, sprechen oder spielen, – dann passen sich ihre Gehirnwellen einander an. Sie synchronisieren sich. «Interbrain Synchrony» heisst dieses Phänomen, das in den vergangenen Jahren einen wahren Forschungsboom ausgelöst hat.
Gehirne im Duett
Besonders eindrücklich zu beobachten, ist diese Synchronisierung im Gehirn von Musikerinnen und Musikern, die im Duett spielen. Das zeigt die Forschung von Daniela Sammler, Neuropsychologin am Frankfurter Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik. Sammlers Team hat 28 Pianistinnen und Pianisten ins Gehirn geschaut. Die erhielten eine Kappe mit 64 Elektroden verpasst zur Messung der Hirnströme (EEG).
Musizieren auf gleicher Wellenlänge
Die Forscherinnen fokussierten auf die Gamma-Wellen im Gehirn: «Wir konnten sehen, dass diese Schwingungen miteinander synchronisieren. Wenn die Hirnwelle eines Musikers hoch war, war sie gleichzeitig auch beim andern Musiker hoch, und wenn sie beim einen im niedrig war, war sie das auch beim andern.»
Wenn die Hirnwelle eines Musikers hoch war, war sie gleichzeitig auch beim andern Musiker hoch.
Doch die Wissenschaftlerinnen wollten mehr wissen: Ist die Synchronisation ein Produkt des gemeinsamen Musizierens, weil die Musiker einander hören und sich anpassen? Oder ist die Synchronisation vielmehr eine Voraussetzung dafür, dass das Zusammenspiel überhaupt gelingt?
Gehirne passen sich einander an, bevor es los geht
Um dies zu testen, bauten die Forscherinnen eine Pause ins Experiment ein. In dieser Spielpause sagten sie den Pianisten getrennt, ob sie nach der Pause schneller oder langsamer weiterspielen sollen. Mal sagten sie beiden das Gleiche, mal nicht.
Es zeigte sich: Die Synchronisation fand schon in der Pause statt. «Obwohl da überhaupt kein Ton zu hören war, sahen wir, dass die Gehirne der Musiker bereits vor dem Spiel miteinander synchronisieren». Erhielten beide Pianisten dieselbe Anweisung, glichen sich ihre Gehirnwellen perfekt an und entsprechend gut gelang danach das Duett. Planten die Musiker jedoch ein unterschiedliches Tempo, war die Synchronizität der Gehirnwellen niedrig und das anschliessende Spiel schlechter.
Keine exklusiv menschliche Begabung
Auch andere soziale Tiere synchronisieren ihre Gehirnwellen. Zum Beispiel jene Vögel, die Susanne Hoffmann vom Max-Planck-Institut für Ornithologie erforscht. Hoffmann studiert die Gehirnaktivität von Mahaliwebern – einer exzellent im Duett und im Chor singenden afrikanischen Webervogelart: «Pärchen, die miteinander singen, stimmen ihre Töne sekundengenau aufeinander ab und man sieht, dass die Gehirnaktivität des einen Vogels perfekt mit der des anderen Vogels übereinstimmt.»
Neuronal geschaffen für ein Leben in der Gruppe
Wie das Gehirn des Menschen ist auch dasjenige der Mahaliweber perfekt entwickelt für ein Leben in der Gruppe und damit nicht nur fürs Duett-Pfeifen, sondern auch fürs Singen im Chor der Vogelkolonie.
Daniela Sammler vom Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik bleibt vorerst beim menschlichen Duett. Ihre nächste Studie soll zeigen, wo genau die Synchronisation im Gehirn von Musikern stattfindet. Dafür werden die Pianistinnen und Pianisten in die Röhre geschoben, in den Hirnscanner (MRT) – zusammen mit extra für diesen Zweck konstruierten Mini-Klavieren.