Wie Velofahrerinnen und Velofahrer eine Tour beginnen, so wird sie auch enden. Der Grundsatz des Fachmannes: «Starten Sie die Velotour mit angezogener Handbremse», meint Eric Lichtenstein, Doktorand am Basler Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit. Als Ultramarathonläufer weiss er, wie wichtig die Energiedosierung bei einer langen Belastung ist. «Wer schon die ersten Tage an seine körperlichen Grenzen geht, wird danach Qualen durchleben.»
Auf dem Velo plaudern oder singen
Vielmehr rät er dazu, so zu fahren, dass man im Sattel jederzeit plaudern oder gar ein Lied anstimmen kann. In einer niedrigen bis mittleren Belastungsintensität kann man lange fahren, und zwar mit angenehmem Körpergefühl. Sein Arbeitskollege und Sportwissenschaftler Martin Keller fügt hinzu: «Es bringt nichts auf einer Velotour Sprints hinzulegen.» Der Trainingseffekt sei verschwindend klein und man sei die restlichen Tage erschöpft, sagt der aktive Mountainbiker und Radsportler.
Ein weiterer Knackpunkt auf der Tour: die Gruppendynamik. Sind die einen besser trainiert, fahren die anderen meist über ihrem Level. Der Ausdauerexperte rät deshalb, das Tempo an jene Person anzupassen, die am wenigsten fit ist.
Zu grosser Ehrgeiz auf einer Velotour habe sowieso nicht den besten Trainingseffekt, so Lichtenstein. Um seine Ausdauerfähigkeit zu verbessern, sollte man über mehrere Wochen gar Monate kontinuierlich aufs Velo steigen. «Relevant ist, wie man vor und nach der Velotour trainiert.»
Pausen dürfen und sollen sein
Es bestehe grundsätzlich die Gefahr, dass man seinen Körper auf einer Velotour überlastet. «Im Vergleich zum Büroalltag ist es für die meisten eine grosse Umstellung», sagt Keller. Sein Tipp: Jeden Morgen vor dem Losfahren einen kurzen Check machen. Fühle ich mich fit? Geht der Daumen nach oben, weiterfahren. Geht er mehrere Tage hintereinander nach unten, eine Pause einlegen. «Auch Top-Athleten machen im Trainingslager sogenannte ‹rest days›», weiss Lichtenstein. Denn nonstop Weiterfahren kann schlimmstenfalls zu Übertraining führen.
Ein Nickerchen lohnt sich
Der wohl wichtigste Faktor, um über Tage fit zu bleiben, ist ausreichend Schlaf. «Sogar Profis spielen diesen Fakt herunter», sagt Keller. Aber es lohne sich, früh ins Zelt zu schlüpfen.
Es sei keine Seltenheit, dass man auf einer Velotour plötzlich zehn bis zwölf Stunden schläft. «Das ist ganz normal, wenn der Körper sich so anstrengt.» Im Schlaf regenerieren sich die Muskeln. Um diesen Prozess zu unterstützen, lohnt sich auch ein kurzes Nickerchen nach dem Mittagessen.
Um Muskelkater vorzubeugen, ist hingegen langes Ausdehnen vor dem Schlafen gehen weniger sinnvoll. Das ist – salopp gesagt – für die Katz haben etliche Studien gezeigt. Es kann aber gegen verkürzte Muskeln helfen.
Nicht übers Ziels hinausschiessen
Zurück zu Hause, etliche Kilometer hinter sich und topmotiviert macht man gleich weiter: «Das ist für Freizeitsportler keine gute Idee», sagt Lichtenstein. Erholung ist angesagt. Alles andere ist kontraproduktiv und verringert die Leistungsfähigkeit.
In den inneren Dialog mit sich selbst treten
Wer sich mental stärk, tritt in einen sogenannten Self Talk, zu Deutsch innerer Dialog. «Fast jeder Mensch hat mehrere Stimmen in sich; beispielsweise eine zweifelnde, kritische und eine pushende», so Müller. «Man lernt viel über sich selbst, wenn man diesen Dialog beobachtet», sagt der Mental Coach. Spitzenathleten seien Meister darin, diesen Dialog on the Road zu lenken. «Und das kann man auch als Hobbysportler lernen.»
Das wohl nervigste auf einer Velotour: mehrere Regentage hintereinander. «Wer in der Vorbereitung auch mal in Regen oder mit Gegenwind trainiert hat, kann auf der Tour allenfalls besser damit umgehen», so Müller. Es bringe meist wenig, sich über das Wetter aufzuregen – verändern tut man es damit nicht und die Aufregung kostet mentale Energie.