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COP16 Indigene kämpfen an der Biodiversitätskonferenz für ihre Rechte

Im Mittelpunkt der Verhandlungen in Kolumbien stehen dieses Jahr auch Indigene, also Ureinwohnerinnen und Ureinwohner. Sie wollen stärker als bisher mitentscheiden können – und so dabei helfen, die weltweiten Naturschutzziele umzusetzen.

«Wir sind sehr viele hier in Kolumbien», sagt die Juristin Jennifer Corpuz sichtlich erfreut. Corpuz gehört dem indigenen Volk Kankana-ey Igorot auf den Philippinen an und vertritt an der Konferenz die Anliegen indigener Völker. Bei den Verhandlungen ist sie als Beobachterin dabei.

Es geht etwa um ein neues Arbeitsprogramm, das sicherstellen soll, dass Indigene sich aktiv daran beteiligen können, die Ziele des Biodiversitätsrahmenwerks aus Montreal zu erreichen.

Indigene als Teil der Lösung

Der Beschluss vor zwei Jahren sei historisch gewesen, sagt Corpuz. Und zwar, weil Indigene in sieben der 23 Zielen ausdrücklich erwähnt sind. Es sei das erste Mal, dass die Weltgemeinschaft anerkennt, welche wichtige Rolle indigene Völker für die biologische Vielfalt spielen.

Nun in Kolumbien soll das konkretisiert werden: Wie können Indigene mitentscheiden und wie sollen sie zur Umsetzung der weltweiten Naturschutzziele – etwa zum bekannten 30/30 Ziel – beitragen?

30/30 Ziel

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Das 30/30 Ziel sieht vor, dass bis im Jahr 2030 weltweit mindestens 30 Prozent der Fläche an Land und mindestens ebenso viel im Meer geschützt werden sollen.

Wie staatliche Schutzgebiete aussehen, sei gut definiert, sagt Corpuz. Aber: Wie Indigene und ihre Territorien in diese klassischen Schutzkonzepte passen, sei unklar.

Die gängige Meinung: ein Gebiet sei dann am besten geschützt, wenn dort keine Menschen mehr lebten. Das lasse aber völlig ausser Acht, dass die Biodiversität in indigenen Territorien nur darum so gross sei, weil die Menschen das Land bewohnen und pflegen. Studien zeigen, dass rund 40 Prozent der intakten natürlichen Fläche in indigenen Territorien liegt. Sie könnten also helfen, das 30/30-Ziel zu erreichen, sagt Corpuz.

Indigene, vor allem in Lateinamerika, leben gefährlich

Einiges zu klären gebe es auch bei anderen Themen: Etwa wie genau Indigene mithelfen können, Daten für den Naturschutz zu erheben. Wie sie Zugang zu finanziellen Ressourcen erhalten sollen. Und: Wie Indigene selbst besser geschützt werden können.

Das Problem ist, dass Sicherheit für Länder wie Kolumbien keine Priorität hat
Autor: Edson Krenak Forscher und Nachfahre der Indigenen Krenak

«Gemäss dem Global Witness Report waren 2023 fast die Hälfte der 196 getöteten Umweltschützerinnen und Umweltschützer Indigene», sagt Corpuz. Darum brauche es unbedingt Richtlinien, wie das verhindert werden könne.

Das Abkommen von Escazú

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Eigentlich gibt es seit 2018 bereits ein Abkommen. Das Abkommen von Escazú, das die Gewalt gegen Umweltschützerinnen und -schützer bekämpfen soll.

Es ist der erste Umweltvertrag in Lateinamerika und der Karibik sowie der einzige weltweit, der die erste verbindliche Bestimmung über den Schutz von Menschenrechtsverteidigern in Umweltangelegenheiten enthält.

Kolumbien etwa, das gefährlichste Land für Naturschützer, hat das Abkommen erst kurz vor der Biodiversitätskonferenz ratifiziert. Die grosse Herausforderung: das auch umzusetzen.

«Das Problem ist, dass Sicherheit für Länder wie Kolumbien keine Priorität hat», sagt Edson Krenak, ein Forscher und Nachfahre der Indigenen Krenak in Brasilien. Er hofft aber, dass die Sichtbarkeit des Problems an der diesjährigen Konferenz dazu beitragen könnte, dass sich das langsam zu ändern beginnt.

Langsamer Fortschritt – zumindest auf dem Papier

Die ersten eineinhalb Wochen kamen die Verhandlungen zu indigenen Anliegen nur langsam voran. Am Mittwochabend gab es einen ersten Erfolg: Das Arbeitsprogramm wurde angenommen.

Noch keine Einigung gab es jedoch bei einem neuen Gremium für indigene Völker – die Priorität Nummer eins auf Jennifer Corpuz Liste. Das Gremium soll die Rechte der Indigenen vertreten und sicherstellen, dass mindestens 20 Prozent der in Montreal vereinbarten Gelder, bei ihnen ankommen.

Ob da noch eine Übereinkunft erzielt werden kann, wird sich zeigen. Die Konferenz dauert noch bis heute Freitagabend – vermutlich bis tief in die Nacht hinein.

Echo, 29.10.2024, 18:00 Uhr

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