Die Schweizer Industrie verbraucht knapp 20 Prozent unserer Gesamtenergie, in Form von Strom und fossilen Brennstoffen für die Wärmeerzeugung für industrielle Prozesse.
Gemessen am Europäischen Mittel von 25 Prozent, steht die Schweiz auf den ersten Blick nicht schlecht da. Doch kein Grund, sich darauf auszuruhen. Auch die Industrie muss energieeffizienter werden – nicht so sehr, um durch diesen Winter zu kommen, sondern um CO2 zu reduzieren
Effizienz und Stromsparpotential
Wie beim Wohnen oder in der Mobilität liegt in der Industrie viel Sparpotenzial beim Stromverbrauch: Anlagen sind überdimensioniert, Pumpen und Kompressoren veraltet oder ineffizient. Motoren und Antriebssysteme machen etwa drei Viertel des Stromverbrauchs der Industrie aus.
Es ist schwierig, alle Pumpen oder Anlagen in Schweizer Industriebetrieben zu sanieren, doch die ETH Lausanne rechnet mit einem realistischen Stromsparpotential von vier bis fünf Terawattstunden. Das entspricht etwa dem Potenzial der gesamten Windkraft in der Schweiz.
Der Stromverbrauch steigt dort, wo von Verbrennung auf elektrisch umgestellt werden kann. Neue Anlagen sind sparsamer und – sofern der Strom aus alternativen Energien gewonnen wird – CO2-neutral.
In Industrien, die eine hohe Prozesstemperatur brauchen, ist es nicht einfach, fossile Verbrennung durch Strom zu ersetzen. In der Zementindustrie bleiben die Verbrennungsprozesse kritisch fürs Klima: Die globale Zement- und Betonindustrie verursacht heute rund sieben Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Das ist mehr als doppelt so viel wie die globale Luftfahrt.
Produktinnovationen werden wichtiger
Wo nicht auf Strom umgestellt werden kann, sind innovative Ideen gefragt: Die Zementindustrie setzt neu Verfahren ein, um industriell angefallenes CO2 wieder im Zement von Abbruchbeton neu zu binden. Das CO2 reagiert mit dem Kalzium im Zement und härtet aus. Auch wird an immer weniger zementhaltigem bis hin zu ganz zementfreiem Beton geforscht. Wichtig ist, dass dabei die Stabilität des Betons noch stimmt.
Alternative Wasserstoff?
Ein anderer Weg: Fossile Treibstoffe durch klimafreundlichere Varianten ersetzen, die gar nicht erst CO2 produzieren. Da wird «grüner» Wasserstoff nötig – «grün», weil er aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird. Er gilt als grosse Zukunftshoffnung, weil er die flüchtige Energie von Erneuerbaren speichert und aus ihm synthetische, CO2-neutrale Treibstoffe hergestellt werden können.
Doch es gibt ein Problem: Synthetische Treibstoffe aus «grünem» Wasserstoff sind heute etwa fünfmal teurer als Strom aus erneuerbarer Energie. Dennoch ist er ein entscheidender Faktor im Energiemix, wo so eine Elektrifizierung nicht möglich ist.
Methanpyrolyse: der «türkise» Wasserstoff
Aktuell setzen Bund und Industrie auf eine Technik, diesen Wasserstoff aus Methan herzustellen – Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Man spricht vom «türkisen» Wasserstoff.
Aber: Pro Tonne Wasserstoff, die mittels Methanpyrolyse erzeugt würde, entstünden etwa drei Tonnen fester Kohlenstoff – noch fehlen industrielle Abnehmer für diese Mengen.
Es wird weitere Innovationen brauchen – der Ausstieg aus den fossilen Treibstoffen in der Industrie bleibt eine der grössten Herausforderungen unserer Zeit.