Kurz nach dem Bohrstart im Mai spritzten rund hundert Personen Gülle aufs Gelände des Geothermieprojekts, das in Haute-Sorne dereinst Strom liefern soll. Schon früher hatte es im Jura heftige Proteste gegeben. Wir machen einen Faktencheck: Was wird befürchtet, und was ist dran an den Ängsten?
Angst Nr. 1: Die Geothermie kann Erdbeben verursachen, auch grosse
Man erinnert sich: Die Geothermieprojekte von Basel und St. Gallen mussten abgebrochen werden, da sie Erdbeben der Stärke 3,4 und 3,6 auslösten. Vor ein paar Jahren erschreckte zudem ein grosses Geothermiebeben in Südkorea, mit Verletzten und Schäden, die Bevölkerung im Jura. Der Schweizerische Erdbebendienst (SED) hatte danach das Beben in Südkorea und die Situation in Haute-Sorne analysiert, mit dem Befund, die zwei Geothermieprojekte seien nicht vergleichbar. Der SED gab auch Empfehlungen ab, wie es in Haute-Sorne weitergehen kann.
Der SED betont zwar: Erdbeben lassen sich nie sicher abschätzen. Doch ist in Haute-Sorne jetzt zumindest gut vorgesorgt: Für die heikle Gesteins-Stimulation in der Tiefe kommt ein neues Verfahren zum Einsatz, das im Bedretto-Felslabor der ETH Zürich ohne spürbare Beben ablief. Auch wurde das Ampelsystem verschärft: Stufe rot, also Stopp aller Arbeiten, gilt schon bei nicht spürbaren, nur messbaren Beben von Magnitude 1.7.
Fazit: In Haute-Sorne könnte es ohne spürbare Beben klappen, doch ein Null-Risiko gibt es nie.
Angst Nr. 2: Durch Lecks in den Rohren können gefährliche Chemikalien austreten und das Grundwasser verschmutzen
In den einzementierten Metall-Rohren im Boden ist v.a. Wasser. Das Rissigmachen des Tiefengesteins ist nur mit Wasser geplant. In den anderen Projektphasen können Zusatzstoffe drin sein. Diese Stoffe seien, richtig eingesetzt, ungefährlich fürs Grundwasser. Sie würden auch zum Erbohren von tiefen Trinkwasserquellen und in Trinkwasser-Leitungen verwendet, sagt Jean Fernex von der Bewilligungsbehörde, dem Umweltdepartement des Kantons Jura.
Entscheidend für die Umweltverträglichkeit sei, dass sorgfältig gearbeitet wird, betonen Experten der Universität Basel und der ETH Zürich, von letzterem könne man beim Projekt im Jura ausgehen.
Fazit: Die Gefahr der Grundwasserverschmutzung ist mit entsprechenden Vorkehrungen klein.
Angst Nr. 3: Das Geothermieprojekt vergeudet Unmengen an Wasser
Für die Bohrarbeiten trifft dies nicht zu. Tatsächlich wasserintensiv ist aber – nach erfolgreichen Tests – das Stimulieren des Gesteins, wohl 2026/27. Je nach Beschaffenheit des Untergrunds dürften dann ein paar Dutzend Millionen bis knapp vierhundert Millionen Liter Wasser nötig sein.
Die Maximalschätzung entspricht laut Geo-Energie Jura gut der Hälfte des Jahreswasserverbrauchs der Gemeinde Haute-Sorne. Das Wasser soll aus einem Fluss entnommen werden, wobei die Konzession noch nicht erteilt ist. Wenn denn mal ein Kraftwerk läuft, zirkuliert das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf.
Fazit: Die Arbeiten im Untergrund sind teils wasserintensiv, im Betrieb sollte der Wasserverbrauch sparsam sein.
Seit dem 21. Mai 2024 läuft eine Probebohrung, die laut Geo-Energie plangemäss vorwärtskommt und zurzeit bei einer Tiefe von einem Kilometer steht. Anfangs 2025 sind Stimulationstests geplant. Der Verlauf dieser Arbeiten wird über die Zukunft des Projekts entscheiden.