Die meisten Säugetiere bleiben bis zum Ende ihres Lebens fruchtbar. Das macht evolutionsbiologisch durchaus Sinn: Je länger Nachwuchs gezeugt werden kann, desto höher die Chance, den eigenen Genpool weiterzugeben.
Somit gilt der Mensch mit der Menopause als seltene Ausnahme. Nur bei wenigen anderen Tierarten kommt das Weibchen in die Wechseljahre. Abgesehen von Schimpansen-Weibchen ist das Phänomen nur bei fünf Zahnwalarten bekannt. Und zwar bei Kurzflossen-Grindwalen, Kleinen Schwertwalen, Orcas, Narwalen und Belugas.
Doch warum werden gewisse Tierarten und wir Menschen in einem gewissen Alter unfruchtbar? Über dieses Rätsel diskutieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit Langem.
Aufschluss gibt nun eine neue Vergleichsstudie aus England. Die Forschungsgruppe um Samuel Ellis von der Universität Exeter hat Daten von den fünf Zahnwalarten, die in die Wechseljahre kommen, mit 27 verwandten Arten, die ihr Leben lang fruchtbar bleiben, verglichen. Zu Letzteren zählen beispielsweise Delfine und Pottwale.
Sich um Enkel- und Urenkelkinder kümmern
Die Datenauswertung zeigt, dass die weiblichen Wale, die nicht ihr ganzes Leben fruchtbar bleiben, ungefähr 40 Jahre länger leben als ähnlich grosse Wal-Weibchen anderer Arten. Und sie leben oft sogar länger als die Männchen ihrer eigenen Spezies. Die Forschenden schliessen daraus, dass die Menopause gewisse evolutionäre Vorteile mit sich bringt.
Einerseits fanden die Forschenden Hinweise auf die sogenannte Grossmutter-Hypothese, die auch zur Erklärung der Menopause bei den Menschen beigezogen wird. Der Verhaltensökologe und Studienautor Darren Croft sagt dazu: «Die älteren, unfruchtbaren Orca-Weibchen haben Zeit, sich um ihre Enkel- und Urenkelkinder zu kümmern.»
Vorteil beim Kampf ums Futter
Andererseits ist damit eine zweite These verknüpft, bei der es um den Wettbewerb geht. «Wenn Mütter und ihre Töchter versuchen, gleichzeitig Kinder zu bekommen, haben die älteren Mütter und deren Kinder geringere Überlebenschancen», erklärt Croft. Beim Kampf um Ressourcen, also Futter, seien sie in der schwächeren Position. «Weibchen, die stattdessen in die Wechseljahre kommen, «verzichten» sozusagen auf diesen Wettbewerb – zugunsten einer längeren Lebensphase.»
Zudem sind die älteren Tiere für die ganze Tiergruppe von grosser Bedeutung. So sind beispielsweise Orcas matriarchalisch organisiert. Sprich: Die Rolle der alten Weibchen ist nicht auf die Fürsorge ihrer Enkelkinder beschränkt. «Sie haben viel Jagderfahrung und wissen, wo es gute Futterplätze gibt», sagt Biologe Craft. Davon profitiert die gesamte Orca-Gruppe.
Parallelen zu uns Menschen
Die Wissenschaftler argumentieren, dass Menschen möglicherweise aus denselben Gründen die Wechseljahre entwickelt haben. Denn in Jäger-Sammler-Gesellschaften hätten sich die Leute in harten Zeiten wie Dürreperioden ebenfalls an die Älteren mit Erfahrung gewandt.