Es klingt vielversprechend: Neu gepflanzte Bäume saugen CO₂ aus der Atmosphäre und kühlen so das Klima. Das greife aber zu kurz, sagt James Weber, Atmosphärenchemiker von der Universität Reading in England. Denn Bäume können das Klima auch erwärmen.
Wie Bäume die Chemie der Atmosphäre verändern
Bäume geben biogene flüchtige organische Verbindungen in die Luft ab, die sich auf das Klima auswirken können. Wenn diese Verbindungen chemisch reagieren, können sich winzige Partikel bilden, sogenannte Aerosole. «Diese werfen Strahlung zurück in den Weltraum, was einen kühlenden Effekt hat», sagt Weber.
Auf der anderen Seite können die von den Bäumen abgegebenen Moleküle das Klima aber auch erwärmen. Weil sie die Menge an Methan und – in den meisten Fällen auch Ozon – erhöhen. Beides sind Treibhausgase.
Bäume machen Landoberflächen dunkler
Einen weiteren erwärmenden Effekt haben Bäume, weil sie die sogenannte Albedo – also die Reflexionsfähigkeit – der Landoberfläche verändern: Dunkle Nadelbäume etwa werfen weniger Sonnenstrahlung zurück ins Weltall als helleres Gras.
Vorteile verpuffen teilweise
Unbekannt seien diese sowohl positiven als auch negativen Effekte an sich nicht, sagt Weber. Was bisher aber fehlte, war eine Gesamtbilanz: also die Effekte von CO₂, Aerosolen, Methan, Ozon und Albedo auf das Klima in Kombination. In seiner Studie hat Weber nun die Energiebilanz all dieser Effekte mit zwei verschiedenen Klimamodellen berechnet – und zwar für ein globales, möglichst realistisches Szenario der Aufforstung.
Werden zusätzlich Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen, also Treibhausgase oder Schadstoffe verringert, dann verpufft ein kleinerer Teil des kühlenden CO₂-Effekts.
Das Ergebnis: Die Albedo, das Methan, das Ozon und die Aerosole machen bis zu einem Drittel des positiven CO₂-Effekts zunichte. Soll heissen: Unter dem Strich kühlen Bäume das Klima zwar, aber weniger als bisher gedacht. Das gelte insbesondere dann, wenn sich unsere Welt um insgesamt 4 Grad Celsius erwärmen würde. Anders sehe es jedoch aus, wenn sich die Welt nur um 2 Grad erwärme, sagt Weber. «Werden zusätzlich Massnahmen gegen den Klimawandel ergriffen, also Treibhausgase oder Schadstoffe verringert, dann verpufft ein kleinerer Teil des kühlenden CO₂-Effekts.» Kombiniert mit anderen Massnahmen bringen Aufforstungen dem Klima also mehr.
Ein Puzzlestück unter vielen
«Dieses Resultat verdeutlicht sehr schön, dass Bäume zu pflanzen kein Allheilmittel ist, sondern nur ein Puzzlestück unter vielen», sagt der Waldökologe Arthur Gessler von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL.
Dieses Puzzleteil könne zwar auf jeden Fall seinen Beitrag leisten. Ob es aber wirklich Sinn macht, möglichst viel Wald zu pflanzen? Das sei eine andere Frage, sagt Gessler. Wenn ein Mosaik aus Lebensräumen etwa in monotonen Wald umgewandelt werde, würde das der Biodiversität zum Beispiel schaden. Der Aufforstung im grossen Stil seien darum Grenzen gesetzt.
Eine langfristige Aufgabe
Um das Potenzial der Aufforstung auszuschöpfen, müsse man langfristig denken. «Bis aus einem Bäumchen ein erwachsener Baum wird, dauert es 100 Jahre oder mehr», sagt Gessler. Den Kohlestoff speichert er nicht sofort, sondern über diese ganze Zeit. Mit dem Pflanzen allein ist es also nicht getan, der Wald muss gepflegt werden.
All das zeigt: Bäume zu pflanzen klingt einfach, will aber überlegt sein. Und, gibt Gessler noch zu bedenken: Viel wichtiger sei es ohnehin, den jetzt vorhandenen Wald zu schützen. Die Wiederaufforstung komme dann erst an zweiter Stelle.