Sullom Voe im Norden von Shetland ist eine idyllische Meeresbucht, aber kein harmloser Ort. Wer als Besucher ausgerüstet mit Brandschutzjacke und Helm das Ölterminal der Firma Enquest betritt, wird zuerst akustisch instruiert, wie es tönt, wenn es hier schiefläuft.
Zwischen Kühlaggregaten, Pipelines und zischenden Ventilen empfängt der leitende Ingenieur den Besucher. «Mein Name ist Fraser Roger, ich bin der Terminal Manager. Sullom Voe ist ein Industriekomplex mit einer Fläche von rund vier Quadratkilometern.»
Man lagere und exportiere Gas und Erdöl von den Förderplattformen in der Nordsee rund um Shetland. «Von hier aus wird das Öl verschifft.»
Goldene Zeiten seit den 1970er-Jahren
Seitdem vor rund 50 Jahren in der Nordsee Öl entdeckt wurde, entwickelte sich Sullom Voe zum grössten Ölterminal Europas. Es machte die Shetlandinseln reich: Nirgends im Vereinigten Königreich haben die Strassen so wenige Schlaglöcher wie auf den Shetlands. Das «flüssige Gold» wurde viel wichtiger als Fisch, Schafe und Ponys.
Doch jetzt ist das Ende des fossilen Zeitalters absehbar. Aus diesem Grund möchte der Nachhaltigkeitsmanager von Enquest, Salman Malik, lieber über die grüne Zukunft sprechen als über die ölige Vergangenheit.
«Unser ursprüngliches Geschäft ist die Förderung von Öl und Gas. Aber seit einigen Jahren sind wir im Übergang zu einer grünen Industrie», erklärt er.
Während Jahrzehnten habe man hier in der Nordsee Öl und Gas aus dem Meeresgrund gepumpt. Doch: «Jetzt wollen wir die Ölplattformen für den umgekehrten Prozess nutzen – um CO₂ in die Tiefe zu pressen und unter dem Meeresgrund einzulagern.»
Das sei im Moment zwar noch eine Vision, sagt Malik. Entsprechend würden derzeit noch alle Einnahmen mit der Förderung von Öl und Gas erzielt.
Einlagerung ab etwa 2030
Rein technisch allerdings wäre es bereits heute möglich, CO₂ in die Tiefe zu pumpen. Trotzdem geht Malik nicht davon aus, dass CO₂ auf den Shetlands vor 2030 eingelagert wird. So grün wie die Fototapete im Sitzungszimmer ist das Geschäft also noch nicht.
Im Stadthaus von Lerwick, der grössten Hafenstadt des Inselreichs, äusserst man sich zur neuen Technologie eher zurückhaltend. Während Jahrzehnten hat man von der Erdölindustrie profitiert. Für die 22'000 Insulanerinnen und Insulaner gibt es zum Beispiel acht Hallenbäder auf dem subarktischen Archipel.
Bürgermeisterin Emma McDonald freut sich deshalb über alle Einnahmen, mit denen man diese aquatische Üppigkeit weiter finanzieren kann. «Ich begrüsse alles, was Arbeitsplätze auf die Insel bringt», sagt sie.
Nur ein Puzzleteil
Ein bisschen deutlicher äussert sich Tom Wills, Umweltingenieur und einer der wenigen grünen Politiker in Lerwick. «Carbon Storage» sei sicher eine hilfreiche Technologie, um die CO₂-Belastung in der Atmosphäre zu senken – und die Geologie rund um die Shetlands sei durchaus dafür geeignet.
«Doch diese Technologie sollte uns keinesfalls glauben lassen, dass wir so weiterfahren können wie bisher. Wir sollten in erster Linie schauen, dass wir weniger Öl und Gas verbrennen und weniger CO₂ ausstossen», betont er. «Carbon Storage» könne allenfalls ein Hilfsmittel sein.
Andere Pläne hat man in London. Bevor man auf den Shetlands CO₂ in den Meeresgrund pumpt, wird zuerst noch einmal kräftig Öl und Gas gefördert. Vor wenigen Wochen hat die britische Regierung grünes Licht gegeben, um westlich der Shetlands in der Nordsee die letzten grossen Ölfelder anzubohren.