Made in China - Geklonter Rhesusaffe lebt und ist wohlauf – eine Premiere
Chinesische Forschende haben einen Rhesusaffen erfolgreich geklont. «Retro» lebt nun schon seit über drei Jahren und ist gesund. Das gab es bisher noch nie.
Was für einige nach Science-Fiction klingen mag, wird bereits tagtäglich getan: Lebewesen werden geklont, also Nachwuchs mit exakt identischem Erbgut erzeugt.
Die Liste der geklonten Säugetiere wird immer länger, unter anderem stehen darauf Schweine, Kühe, Hunde, Katzen und Pferde.
Dreijähriger Klon-Affe ist gesund
Nun ist es dem Forscher Falong Lu von der Universität der Chinesischen Wissenschaftsakademie in Beijing und seinem Team erstmals gelungen, einen Rhesusaffen zu klonen. Dieser männliche Klon namens Retro sei auch nach mehr als dreieinhalb Jahren gesund.
Ein Durchbruch in der Klonierung? Der Genetiker und deutsche Pionier auf diesem Gebiet Eckhard Wolf meint dazu: «Anhand der wenigen Zahlen und Details, die in der Publikation veröffentlicht wurden, kann ich das kaum sagen.» Klar sei aber, dass die Klon-Technik nicht wirklich effizienter wurde.
Von Fröschen zum Schaf «Dolly»
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Die Grundidee, den Kern einer Eizelle durch den einer Körperzelle zu ersetzen, geht auf den deutschen Zoologen Hans Spemann zurück.
In den 1960er Jahre schaffte es der britische Entwicklungsbiologe John B. Gurdon, den ersten Klon eines Krallenfroschs zu erzeugen. Für seine Arbeit wurde er im Jahr 2012 gemeinsam mit Shinya Yamanaka mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
In den USA wurden 1981 erstmals künstliche Zwillingskälber geboren, nachdem ein Embryo in einem sehr frühen Stadium zerteilt worden war. Diese Methoden ist heute unter Embryonen-Splitting bekannt.
Weltweit für Schlagzeilen sorgte das erste geklonte Säugetier aus einer Körperzelle: Das Schaf Dolly, das 1996 in Schottland zur Welt kam. Mittels des sogenannten Zellkerntransfers gelang es dem Team um Ian Wilmut und Keith Campbell, eine lebende Kopie eines anderen erwachsenen Schafes herzustellen.
Mit dieser «Dollymethode» wurden etliche weitere Tiere geklont, unterdessen sind es über 20 Arten.
Doch es erwies sich als besonders schwierig, unsere genetischen Verwandten zu klonen – die Primaten. Der erste Versuch eines Primaten gelang im Jahr 2018, als chinesische Forschende von zwei geklonte Javaner-Affen berichteten.
Es wurden elf geklonte Embryonen in sieben Rhesusaffen-Leihmüttern eingesetzt, von denen nur zwei trächtig wurden. Eine Zwillingsschwangerschaft wurde im vierten Monat abgebrochen, aus der anderen entstand der erste geklonte Rhesusaffe.
Auch bei anderen Säugetieren braucht es oft über hundert Versuche, damit weniger als zehn geklonte Nachkommen entstehen.
Komplexer Plazenta-Austausch
Neu sind hingegen einige Tricks, die das Team aus China angewendet hat. Ein grosses Problem beim Klonen sind epigenetische Veränderungen. Das sind Markierungen der DNA, durch die einzelne Gene oder ganze Regionen an- oder abgeschaltet werden.
Wegen dieser epigenetischen Barrieren kann die Erbsubstanz der geklonten Embryonen nicht so abgelesen werden, wie es bei einer Embryonen-Entwicklung gewünscht wäre. «Deswegen haben die Forschenden die Embryonen mit Substanzen behandelt, um ihr epigenetisches Profil zu verändern. So konnten sie sich besser entwickeln», erklärt Wolf, der Direktor des Laboratoriums für funktionale Genomforschung des Genzentrums der LMU in München.
Dollymethode: So funktioniert der Zellkerntransfer
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Das Verfahren des sogenannten somatischen Zellkerntransfers wendete das schottische Team am Roslin-Institut das erste Mal erfolgreich an Säugetieren an. So entstand das berühmte Klon-Schaf Dolly.
Auch die Forschenden aus China griffen auf diese Methode zurück, um Makaken zu reproduzieren. Und das funktioniert so:
Der Kern einer Spenderzelle wird entnommen und in eine unbefruchtete, kernlose Eizelle übertragen.
Die Eizelle entwickelt sich dann als Klon des Spendertiers, weil sie dessen Erbgut in sich trägt.
Aus einer «alten», bereits spezialisierten Zelle wird durch den Transfer wieder eine totipotente Zelle, woraus sich ein komplettes Individuum entwickeln kann.
Der Genetiker Eckard Wolf präzisiert: «Die Differenzierung von Zellen kann man durch den Kerntransfer umkehren. Der Kern verliert seine Spezialisierung und die Entwicklung beginnt von vorn.»
Wie im Paper beschrieben, hat das chinesische Team zudem viele epigenetische Veränderungen im Trophoblasten entdeckt, also in jenem Teil, aus dem sich später die Plazenta entwickelt.
Dieser Plazenta-Vorläufer wurde beim geklonten Embryo entfernt. Den restlichen Teil des künftigen Affen-Klons hat man in einen anderen Trophoblasten transferiert, der von einem Embryo einer künstlichen Befruchtung stammte. «Das hat vorher noch niemand versucht», merkt Wolf an. Solche Primaten-Versuche wie jene in China würden in Deutschland und in der Schweiz nicht genehmigt.
Xenotransplantation: Organe von geklonten Tieren
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Die Übertragung von tierischen Organen, Gewebe oder auch nur einigen Zellen auf den Menschen wird als Xenotransplantation bezeichnet und bereits seit den 1980er Jahren erforscht. Zum Beispiel gelten Schweine als besonders gute Organspender für den Menschen. Denn sie sind uns nahe verwandt und ihre Organe passen vom Aussehen und der Funktion relativ gut zu uns.
Hoffnung für Menschen mit Herzschwäche
Doch ein Organ genetisch so zu verändern, damit es auch in einem Menschen funktioniert, ist eine äussert komplexe Angelegenheit. Denn unser Immunsystem greift alles Fremde an. Zudem sind auch Infektionen ein grosses Problem.
Anwendungen gibt es aktuell trotzdem bereits: Zuerst wird ein Schwein genetisch manipuliert und dann geklont. So können die Klon-Schweine, beziehungsweise beispielsweise deren Herzen, als Ersatzorgane für Patienten mit Herzschwäche dienen. Dies wurde in den USA bereits bei zwei schwer erkrankten Patienten gemacht. Jedoch sind beide nach kurzer Zeit verstorben.
Klon-«Bauernhof» der Uni München
Auf diesem Gebiet der Xenotransplantation forscht auch Eckard Wolf vom Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Zudem versucht er und sein Team, menschliche Krankheiten an geklonten Schweinen nachzuahmen und entsprechende Therapien zu entwickeln. Dafür betreibt das Team den europaweit grössten «Bauernhof» mit Klon-Schweinen.
«Unsere Schweine haben es viel besser als jene in der landwirtschaftlichen Massenproduktion», erzählt Wolf. Er hat als erster Wissenschaftler in Deutschland ein Säugetier nach der Dollymethode geklont.
«Dass es genau Rhesusaffen waren, die das Team aus China wählte, ist kein Zufall», erklärt Wolf. Denn der Rhesusaffe gilt in der Medizin als eines der wichtigsten Modelltiere. Zudem besitzt er ein ähnliches Gehirn wie wir Menschen.
Insbesondere für die Erforschung von neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson könnte dies von Bedeutung sein.
Menschen klonen: möglich, aber verwerflich und unvernünftig
Mittels aufwändiger Innovationen wurde einer unseren genetischen Verwandten erfolgreich geklont. Sind wir Menschen als nächstes dran? «Es gibt keinen Grund, warum man Menschen rein theoretisch nicht klonen könnte», sagt Wolf. «Ethisch ist das aber verwerflich und es gibt keinen vernünftigen Grund, dies jemals zu machen.»
Er erwarte nicht, dass die Forschenden aus China diese rote Linie überschreiten würden.
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