Im Südosten Brasiliens, in der Nähe der Touristenstadt Laguna, hoffen Fischer auf einen guten Fang und erhalten dabei Hilfe von unerwarteter Seite: von Delfinen, die ebenfalls an der Küste heimisch sind. Wie diese Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier genau funktioniert, haben Forschende in einer Langzeitstudie untersucht und nun in der Fachzeitschrift PNAS publiziert. Auch ein Schweizer Team war beteiligt.
Der Fischfang an der brasilianischen Küste birgt Tücken
Jeweils im Winter wandern Meeresäschen, beliebte Speisefische, in grossen Schwärmen an die brasilianische Küste, um zu laichen. Lokale Fischer waten Jahr für Jahr in die Meeresarme dieser Küste und werfen ihre Netze aus.
«Für die lokalen Fischer ist es ziemlich schwierig, zu den Meeresäschen zu gelangen», erklärt Damien Farine, Professor für Evolutionsbiologie an der Universität Zürich. Denn das Wasser sei bis zu 20 Meter tief und die Fische laichen ein ganzes Stück von der Küste entfernt.
Für die lokalen Fischer ist es ziemlich schwierig, zu den Meeresäschen zu gelangen
Auf den Sandbänken, wo sich die Fischer aufhalten, ist es sehr steil. «Manchmal fallen Fischer ins Wasser und müssen von ihren Kollegen herausgezogen werden», berichtet Damien Farine. Der Evolutionsbiologe und sein Team haben die Kooperation zwischen den Fischern und Delfinen in Zusammenarbeit mit brasilianischen Forschenden untersucht.
Charakteristischer Taucher als Signal: «Werft eure Netze aus!»
Die Delfine halten in den Buchten Lagunas Ausschau nach Fischschwärmen. Dabei orientieren sie sich mit Echolot, denn das Wasser ist sehr trüb. Sobald sie einen Schwarm wahrnehmen, treiben die Delfine die Meeresäschen in Richtung der Fischer.
In Sichtweite der Fischer signalisieren die Delfine daraufhin mit einem charakteristischen Taucher, die Netze auszuwerfen.
Wenn die Netze ausgeworfen sind, wird es etwa 20 Sekunden lang sehr still. «Und dann beginnen die Delfine wieder zu klicken», wie Damien Farine beschreibt. Dieses Mal um per Echolot die Fischernetze ausfindig zu machen. Als Lohn für ihre Mitarbeit nehmen sich die Delfine ein paar Fische aus dem Netz.
Wie Fischer und Delfine von der Kooperation profitieren
Etliche Beispiele der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier wurden bereits erforscht. Aber in keinem einzigen haben die Tiere dabei so eigenständig ihren Profit bestimmt wie im Fall der Delfine von Laguna.
Dabei geht es um mehr als das Fressen: Laut Studie haben die helfenden Delfine nämlich eine 13 Prozent höhere Überlebensrate im Vergleich zu ihren Artgenossen. Gleichzeitig nützt die Kooperation auch den Fischern. Denn ihre Fangquote erhöht sich dank der Delfine um ein Vielfaches.
Die langjährige Teamarbeit droht verloren zu gehen
Allerdings ist die einzigartige Zusammenarbeit zwischen den Fischern und Delfinen Lagunas gefährdet. «Es gibt immer weniger Meeresäschen», bedauert Damien Farine. In manchen Jahren kommen kaum mehr welche an die Küste Brasiliens, um zu laichen.
Der Grund ist die Klimaerwärmung, insbesondere die steigenden Temperaturen des Meerwassers. So droht den Fischern und Delfinen von Laguna, dass sie ihre über 140 Jahre alte Kultur des Zusammenarbeitens bald verlernen.