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Wie Forschende die Traumphasen von Tauben untersuchten
Aus Wissenschaftsmagazin vom 10.06.2023. Bild: Imago Images / Panthermedia
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Vögel im Hirnscanner Wenn Tauben träumen: Ähnliche Schlafmuster wie beim Menschen

Eine Schlafstudie mit Tauben bringt Erstaunliches zutage: Nicht nur Säugetiere, sondern auch Vögel träumen sehr wahrscheinlich. Die Forschenden vermuten sogar: Sie träumen vom Fliegen. Die Erkenntnisse könnten auch die Alzheimerforschung weiterbringen.

Tauben haben nicht unbedingt den besten Ruf: Ihr Kot kann Gebäude beschädigen, und sie verursachen insbesondere in Städten Dreck und Kosten. Das sehen Hirn-Forschende etwas anders. Sie konnten schon beweisen, dass Tauben kognitiv auf Zack sind: Sie haben einen phänomenalen Orientierungssinn und sind fleissig und beharrlich. Und jetzt zeigt sich: Sie können wohl sogar träumen.

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Menschliche Eigenschaften

Alles Eigenschaften, die man auch bei Menschen findet. Die neuste Parallele zum Menschen konnten Forschende in einem Hirnscanner messen, wie eine Studie im Fachmagazin «Nature Communications» berichtet:  Tauben schlafen sehr ähnlich wie Menschen. Die Schlafmuster der Vögel sehen verblüffend ähnlich aus wie die von uns. Und: Wahrscheinlich träumen Tauben auch.

Tauben im Hirnscanner

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Für die Studie der Ruhr Universität Bochum und des Max-Planck-Instituts für biologische Intelligenz hat das Forschungsteam 15 Labortauben ans Schlafen in einem Hirnscanner gewöhnt. Dann konnten sie während des Schlafens ihre Hirnaktivitäten sowie die Pupillenbewegungen aufzeichnen. Dafür verwendeten die Forschenden eine Taubenrasse, die transparente Augenlider hat: Die Budapest-Tauben. So war es möglich, ihre Pupillen auch bei geschlossenen Augen zu filmen.

Beim Menschen finden intensive, emotionale Träume während der REM-Schlafphase statt. REM steht für schnelle Augenbewegungen («rapid eye movement»). Und genau solche Phasen konnten die Forschenden auch bei Tauben feststellen.

Im Vergleich zu Säugetieren waren die Traumphasen bei den Versuchstauben kürzer, meist unter zehn Sekunden. Dafür kamen sie sehr oft vor, in Hunderten von Traum-Episoden pro Nacht.

Zudem verkleinerten sich die Pupillen der Tauben ruckartig im Schlaf. Das passiert im Wachzustand, wenn die Tauben aggressiv werden oder wenn sie balzen. Und lässt darauf schliessen, dass auch Vögel in ihren Träumen Gefühle durchleben.

Der Traum vom Fliegen

Die Vermutung, dass die Tauben träumen, stellten die Forscherinnen und Forscher aufgrund von Hirnscans auf (siehe Infobox). Und interpretieren die Resultate so: Es sei «verführerisch, zu spekulieren, dass unsere Tauben von Flugszenen geträumt haben könnten», heisst es im wissenschaftlichen Artikel. Denn in ihren mutmasslichen Träumen sind dieselben Hirnregionen aktiv wie beim Fliegen: Die Tauben verarbeiten Sehreize und Navigationsinformationen.

Lange Geschichte des Träumens

Die Ergebnisse legen nahe, dass das Träumen eine sehr lange Geschichte hat. «Der letzte gemeinsame evolutionäre Vorfahre von Vögeln und Säugetieren lebte vor etwa 315 Millionen Jahren und stammt somit aus der Frühzeit der Landwirbeltiere», sagt Onur Güntürkün, einer der Autoren des Artikels.

Schlaf essenziell für ein gesundes Gehirn

Ganz abgesehen von den Träumen sind die Ergebnisse noch aus einem anderen Grund interessant. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass im Schlaf eine Art Spülmaschine für das Gehirn aktiv wird. Diese beseitigt schädliche Proteine, die unter anderem an der Entstehung von Alzheimer beteiligt sind. Dazu wird Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit durchs Gehirn gespült. Dieser Prozess findet in einer Schlafphase ohne intensive Träume und schnelle Augenbewegungen statt (Non-REM-Phase).

Die Studie hat diesen Spülprozess nun erstmals bei Vögeln untersucht. Bei den Versuchstauben nahm die Spülflüssigkeit drastisch ab, wenn die Vögel von den Non-REM-Phasen in die REM-Traumphasen wechselten. In den Traumphasen kommt die Spülmaschine also ins Stottern.

Der Wechsel zwischen den beiden Phasen findet bei den Tauben viel schneller und häufiger statt als bei Säugetieren, was die Effizienz der «Gehirn-Spülmaschine» erhöhen könnte. Diese Ergebnisse könnten fürs Verständnis der entsprechenden Prozesse beim Menschen aufschlussreich sein. Und eventuell die Rolle des Spülprozesses bei der Entstehung von Alzheimer entschlüsseln helfen.

Wissenschaftsmagazin, 10.06.2023, 12:40 Uhr

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