Lange galt, dass Tiere nichts aus Vergnügen tun. Alles hat seinen Sinn: Sei es für die Fortpflanzung, die Jagd oder die Selbstverteidigung. Doch Untersuchungen zeigen, dass zum Beispiel beim Spielen auch bei Tieren die Lustzentren im Gehirn aktiviert und Botenstoffe des Vergnügens ausgeschüttet werden.
Das Vergnügen scheint nicht nur eine angenehme Begleiterscheinung zu sein, sondern die Motivation für ganz viele Verhaltensweisen.
Morgendlicher Badeplausch für Elefanten
Wenn die beiden Elefantendamen Farha und Panang im Zoo Zürich zum Frühstück schreiten, ist das Vergnügen nicht weit. Zumindest für eine der beiden. Farha verbindet das «Zmorge» nämlich mit einem Wellness-Bad im grossen Wasserbecken. Während Panang gar nicht erst daran denkt, ins Wasser zu steigen.
Dass Farha aus eigenem Antrieb schwimmen geht, ist für Zoodirektor Severin Dressen eine Bestätigung, dass auch Tiere das Vergnügen suchen.
Spielen für die Hirnentwicklung
Dass vergnügliches Spielen wichtig für die Entwicklung ist, zeigt eine Studie des Neurowissenschaftlers Sergio Pellis mit Ratten. Bei Tieren, die nie spielen können, entwickelt sich das Hirn anders. Ratten, die spielen, haben Hirnzellen mit weniger komplexen Strukturen. Das hilft, in gefährlichen Situationen rascher zu entscheiden und zu überleben. Zudem sind sie sozialer.
Andere Untersuchungen zeigen, dass Spielen den Stress reduziert. Und: Sogar Hummeln spielen mit Bällen. In einem Versuch der Ethnologin Samadi Galpayage spielten sie, ohne eine Belohnung zu erhalten. Sie zogen den Gang zum «Fussballfeld» gar dem zu einer möglichen Futterquelle vor.
Vergnügen für die Gemeinschaft
Mit einer leeren Kokosnusshälfte Augen verdecken und loslaufen: Japanische Makaken spielen wie Kinder das Blinde Kuh-Spiel.
Die Verhaltensforscherin Noëlle Gunst hat beobachtet, dass sie damit bei ihren Artgenossen Aufmerksamkeit erregen. Daraus entsteht soziale Interaktion, was wichtig für eine Gruppe ist. Die Motivation ist das Vergnügen, das Resultat ist ein verstärkter Zusammenhalt in der Gemeinschaft.
Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll
Schildkröten geben sich ewig dem Sexspiel hin, Hasen haben Gruppensex, Affen nutzen Sexspielzeug. Hoch entwickelte Tiere erleben einen Orgasmus ähnlich wie wir Menschen. Der Evolutionsökologe Thierry Lodé sagt: Wenn es rein um die Fortpflanzung ginge, hätte die Natur nie ein derart komplexes und aufwendiges Verhalten hervorgebracht.
Und um das Klischee noch zu komplettieren: Auch berauschende Substanzen nehmen Tiere wie Elefanten oder Gämsen bewusst zu sich. Sei es in Form vergorener Früchte oder halluzinogener Pilze und Pflanzen.
Das kann man im Zoo Zürich zwar nicht beobachten. «Wir sind eben ein zwinglianischer Zoo», schmunzelt Severin Dressen. Aber es gibt umher tollende Nashörner, einen Brillenbären, der mit allem spielt, was er in die Tatzen kriegt oder Affenkinder, die Salti machen. Alles tierische Vergnügen, die durchaus auch den Zuschauenden Vergnügen bereiten können.