Auf der «Swiss Future Farm» wird schnell klar, was moderne Landwirtschaft bedeutet: Daten. Mehr Daten. Ganz viel Daten: Im Stall etwa jene aus dem Melkroboter. Er analysiert die Werte der Milch jeder einzelnen Kuh. Das ist Standard.
Seit etwa drei Jahren ist nun aber eine Technologie im Einsatz, die mit Echtzeitdaten aus einem Sensor in der Kuh deren digitale Gesundheitsakte noch präziser nachführt. «Bolus» heisst das Gerät, das aussieht wie ein Deo-Stick. Die Bäuerin führt ihn mit einem Röhrchen in den Hals der Kuh, bis deren Schluckreflex einsetzt und den Sensor in den Magen bugsiert. Dort bleibt er wegen seines Gewichts liegen, landet also nicht mit dem nächsten «Fladen» auf der Wiese.
Sensoren im «Bolus» erheben Daten zu Temperatur, Bewegung, Wiederkäuen und Wasserkonsum. Algorithmen werteten die Daten in Echtzeit aus, erklärt Christian Eggenberger, Betriebsleiter der «Swiss Future Farm».
Ein Landwirt kann dann auf seinem Handy das «elektronische Patientendossier» jeder Kuh anschauen und merkt so frühzeitig, wenn etwas nicht stimmt. Die Daten führen zu einer schnelleren Behandlung und reduzieren den Einsatz von Antibiotika, denn Tiere können uns ja nicht mitteilen, was ihnen fehlt.
Präzise Unkrautvernichtung dank Drohnen und Robotern
Ortswechsel. Vom Stall in die Maschinenhalle. Hier stehen riesige Traktoren, Sämaschinen, ein Güllewagen und etwas abseits ein unscheinbares Gerät mit zwei seitlich ausklappbaren Balken. Es ist eine Pflanzenschutzspritze. Montiert am Traktor kann sie auf einem Feld Unkrautvernichtungsmittel spritzen auf einer Breite von über zwanzig Metern.
Das Problem: Auf diese klassische Art und Weise wird der ganze Boden mit Chemie benetzt. «Smart» ist anders: Vor dem Einsatz macht eine Drohne Fotos vom Feld. Aus diesen erstellt eine Bilderkennungs-Software präzise Karten der Unkrautverteilung. Danach fährt ein GPS-gesteuerter Traktor los und die Pflanzenschutzspritze besprüht gezielt nur die betroffenen Stellen. So kann die Landwirtin erhebliche Mengen Pflanzenschutzmittel einsparen, erklärt Christian Eggenberger.
Ganz ohne Schutzmittel auszukommen ist die Idee bei einem Forschungsprojekt der Fachhochschule Ost: Auf einem Feld der «Swiss Future Farm» bekämpft ein autonomer Roboter Unkräuter (Placken) mit Heisswasserstrahlen.
Trend zu noch mehr Lohnarbeit
Die Digitalisierung verspricht eine nachhaltigere und effizientere Landwirtschaft. Aber: Die Umstellung ist eine Herausforderung, der Investitionsbedarf ist hoch und die Landwirte müssen sich aus- und weiterbilden.
Technologien wie der Sensor im Kuhmagen sind relativ günstig und von jedem Bauer, der dies möchte, einsetzbar ohne monatelange Ausbildung. Deswegen habe sich das Produkt in kurzer Zeit etabliert, meint Christian Eggenberger. Bei komplexeren Technologien, die beispielsweise den regelmässigen Einsatz von Drohnen erforderten, ginge die Entwicklung eher dahin, dass die Lösungen von einem spezialisierten Lohnunternehmen angeboten werde.
Ob von der Landwirtin selber eingesetzt oder als Dienstleistung bezogen: Digitale Technologien werden das Tierwohl verbessern und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren, so Eggenberger.