Der rote Bruder der Erde hat landschaftlich einiges zu bieten: Bizarr geformte Krater, urzeitliche Flussbetten und atemberaubende Gebirge wie der Olympus Mons, der dreimal so hoch ist wie der Mount Everest, also der höchste Vulkan unseres Sonnensystems.
Doch der Vulkan ist erloschen, das Wasser ist weg und die Landschaft erstarrt zum toten Wüstenplaneten. So kennen wir den Mars. Doch dieses Bild sei falsch, betont Bruce Banerdt, der leitende Forscher der Nasa-Mission Insight: «Der Mars ist kein Fossil der Vergangenheit, sondern ein lebendiger, aktiver Planet!»
Unerwartet viele Mars-Beben
Das verraten die Mars-Beben, welche ein von der Schweiz mitentwickeltes Seismometer der Nasa seit vier Jahren auf unserem Nachbarplaneten misst. Auf der Erde registriert und ausgewertet werden die seismischen Signale von Domenico Giardini mit seinem Team an der ETH Zürich. Mehr als 1300 Beben hat das Team gemessen. Die seien zwar – mit Höchst-Stärke 4,7 – schwächer als auf der Erde, doch «überraschend zahlreich», so Giardini.
Vulkanismus in den Gräben des Höllenhunds
Viele der gemessenen Mars-Beben treten dort auf, wo grosse Grabenstrukturen im Untergrund sind – zum Teil mit glutheissem Magma drin, wie die Forscher aus ihren seismischen Messungen ableiten konnten. «Es ist sehr aufregend zu sehen, dass der Mars heute noch aktiven Vulkanismus hat», sagt Bruce Banerdt.
An der Mars-Oberfläche blubbert und faucht es heute zwar nirgends: Doch in der geologisch jungen Vergangenheit war das der Fall und auch in Zukunft wäre es denkbar, so Domenico Giardini, «ob jetzt in drei oder 300 Jahren.» Der heisse Anwärter ist da nicht etwa der Olympus Mons, sondern besonders aktiv ist der Mars in einer eher unbekannten Gegend mit steil abfallenden Gräben und passendem Namen: Cerberus Fossae, auf Deutsch: die Gräben des Höllenhunds.
Doch nicht nur die Bewegungen aus der Tiefe zeigen den Mars in einem neuen Licht. Das Seismometer hat vor rund einem Jahr auch einen grösseren Meteoriteneinschlag aufgespürt, der aus 20 Metern Bodentiefe Wassereis in beträchtlichen Mengen freilegte. Und dies erstmals in der für Marsverhältnisse vergleichsweise warmen Äquator-Gegend, also dort, wo in Zukunft mal Menschen auf dem Mars landen sollen. Ein zweiter, sehr ähnlicher äquatornaher Einschlag war beim Analysieren der Seismik-Daten nachträglich entdeckt worden.
Eisblöcke, mehrere Meter gross
Bruce Banerdt vom Nasa-Jet Propulsion Laboratory ist sehr zufrieden: «Es handelt sich nicht nur um Spuren von Wassereis, sondern um mehrere Meter grosse Eisblöcke, die vielleicht fünf oder zehn Prozent der obersten Bodenschichten ausmachen. Für Menschen auf dem Mars wäre das eine willkommene Überlebenshilfe.»
Der Mars ist kein Fossil der Vergangenheit, sondern ein lebendiger, aktiver Planet!
Das Eis sei nah genug an der Oberfläche, schätzt der Geophysiker, dass man es herausbohren oder ausgraben könnte.
Was verheissungsvoll klingt, zeigt aber auch ein Risiko auf. Es donnern mehr Meteoriten auf die Mars-Oberfläche als auf die Erde. Und grössere Einschläge – lassen Steine gut und gern 20 Kilometer durch die Landschaft fliegen. Der Mars bleibt für Menschen ein steiniges Pflaster.