Mit ihren 120 Metern ist sie fast so hoch wie der Zürcher Prime Tower, die schlanke Edelstahl-Rakete, mit der SpaceX massenhaft Passagiere zum Mars fliegen will. In Zukunft einmal.
Jetzt steht sie auf dem eigenen Weltraumbahnhof, den das Unternehmen im Süden von Texas mittlerweile besitzt – bereit für den ersten Testflug ins All. Diese Rakete ist für SpaceX-CEO Elon Musk «so inspiriered wie nichts anderes», wie er an einer früheren Pressekonferenz sagte.
Doppelt so stark wie die Nasa-Mondrakete
Nüchterner sind da Experten wie Holger Wentscher, der Leiter Trägerraketen von Beyond Gravity, der früheren Ruag Space. Doch auch er sagt, mit dieser Rakete sei zu rechnen: «Ihre Leistungsfähigkeit wird sehr viel grösser sein, als das, was wir bis jetzt auf dem Raumfahrt-Markt haben.» Für bis zu 150 Tonnen ist «Starship» konzipiert.
Sie ist damit, wenn sie denn mal fliegt, die stärkste Rakete weltweit – gerade doppelt so stark wie die neue Mondrakete der NASA. Für den nötigen Schub sorgen kleine, dafür zahlreiche Triebwerke – befeuert von einem Treibstoffmix, der nebst Flüssigsauerstoff erstmals flüssiges Methan enthält. Methan verursacht weniger Russ als etwa Kerosin – was ins Gewicht fällt, wenn die Triebwerke mehrmals eingesetzt werden sollen.
Auch die Oberstufe kann landen
«Die ganze Rakete ist voll wiederverwendbar – also der untere Teil und erstmals auch die Oberstufe mit dem Raumschiff – können wieder landen und neu starten.» Diese Hauptinnovation am Starship, so der Raketenexperte von Beyond Gravity, werde die Transportkosten in den Erdorbit noch deutlich weiter senken, als dies bereits mit den kleineren Falcon-9-Raketen geschehen sei.
Das Angebot für Weltraumflüge dürfte also günstiger werden und die Nachfrage ankurbeln, etwa nach Satelliten-Transporten. Auch zahlungskräftige Touristen und Touristinnen soll das Sternenschiff vermehrt ins All bringen.
Zudem lässt es Ideen, die bisher Science Fiction waren, in den Bereich des Möglichen rücken: Eine dauerhafte Präsenz von Menschen auf dem Mond etwa, Weiterflüge zum Mars, wo sich Elon Musk eine ganze Stadt vorstellt, Rohstoffabbau auf Asteroiden, Solarkraftwerke im All und so weiter.
«So regelmässig wie ein Flugzeug»
Ob das wirklich machbar und sinnvoll ist – darüber lässt sich streiten. SpaceX jedenfalls gibt sich überzeugt und rechnet damit, dass wiederverwendbare Raketen staffettenartig starten, landen und gleich wieder starten werden – «so regelmässig wie Flugzeuge es tun», erklärte SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell vor Studierenden der US-Universität Stanford.
Künftig noch mehr Weltraummüll?
Wenn dieses Konzept aufgeht, ist mit Mehrverkehr im Weltall zu rechnen, nicht nur von Raketen: Auch die Zahl der Satelliten wird weiter zunehmen – und damit das Risiko von Weltraummüll. Wie soll man mit letzterem umgehen? Oder: Wie sehr wird der zunehmende Raketenverkehr das Klima belasten?
Das ist heute genauso offen, wie die Frage, ob der Testflug nächste Woche gelingt. Experten sehen das Risiko eines Fehlschlags bei 50 Prozent. Was jedoch feststeht: Für Elon Musk, den zweitreichsten Menschen der Welt, wäre das nicht das Aus. Er lässt in so einem Fall die Fehler analysieren und dann einfach die nächste Rakete starten.