Nicht zufällig trägt der Zwergplanet Eris den Namen der griechischen Göttin der Zwietracht: Er ist der Grund, warum Pluto vor rund 20 Jahren der Planetenstatus aberkannt wurde. Damals entdeckte man Eris, einen fernen Himmelskörper, der deutlich schwerer ist als Pluto und – wie man damals dachte – auch deutlich grösser. Die Internationale Astronomische Union rief daher die neue Kategorie der Zwergplaneten aus, zu der Pluto seither eben auch zählt.
Weiches, fliessendes Eis
Plutos Gegenspieler entpuppte sich dann allerdings bald einmal als weniger gross als angenommen. Und nun zeigt eine neue Studie: Der einstige Spaltpilz ist auch nicht so hart, wie es schien: Eris’ Oberfläche ist weich. Weiches Eis. Modellierungen mit Daten des chilenischen Riesenteleskops Alma legen nahe: «Man kann sich dieses Eis vorstellen wie einen Briekäse», sagt Francis Nimmo von der Universität California in Santa Cruz.
Und was der Forscher auch herausgefunden hat: Ganz wie ein guter Weichkäse neigt Eris’ Eis dazu, etwas zu fliessen: «Vom warmen steinigen Kern des Zwergplaneten steigen Eisströme laufend hoch zur Oberfläche. Dort geben sie Wärme ab ins All und sinken abgekühlt wieder zurück in die Tiefe.»
Verborgene Ozeane im Innern?
Recht gut bekannt unter den Zwergplaneten im Kuipergürtel ist bisher nur Pluto, der als einziger dieser Eiszwerge von einer Raumsonde vor Ort untersucht wurde. Pluto ist fast schon der perfekte Zwilling von Eris, praktisch gleich gross, mit warmem Gesteins-Kern und vollständig eisbedeckt. Doch gerade beim Eis unterscheiden sich die beiden nach den jüngsten Erkenntnissen: Während es auf Eris weich vor sich hin fliesst, ist Pluto hart und gebirgig. Unter Plutos Eispanzer vermuten die Experten einen Ozean, dickflüssig wie Schneematsch. Für Eris gilt ein Ozean als weniger wahrscheinlich, doch ebenfalls als denkbar.
Eine verrückte Vorstellung: Flüssiges Wasser bei den unvorstellbar tiefen Temperaturen an den Rändern unseres Sonnensystems! Auf jeden Fall ist das ein Indiz, dass nebst Asteroiden und Kometen auch Zwergplaneten bei früheren Einschlägen wohl einst Wasser zur Erde brachten. Überhaupt sind diese Planetchen spannend. «Es ist auffällig, dass sie fast alle ihre eigenen kleinen Monde haben. Das lässt darauf schliessen, dass sie wie unsere acht Planeten ganz am Anfang des Sonnensystems entstanden sind», sagt Francis Nimmo, «es gab damals nämlich noch viele Crashes, bei denen auch Monde abgesprengt wurden».
Man wüsste gern mehr über die fernen Zwergplaneten – über Haumea, die gerade zwei Monde und einen Ring hat, über Makemake mit seinem Methaneis und: über die vermutlich über hundert solchen Objekte, die noch zu entdecken sind. Eine Weltraummission in den Kuipergürtel ist allerdings nicht in Sicht. Und so bleibt nicht viel anderes übrig, als die fernen Eiszwerge mit starken Teleskopen und viel Rechnerei Stückchen für Stückchen zu ergründen.