Am Wochenende ging's los: Eine festliche Stimmung und Jubel für die Eröffnungsinszenierung «C La Vie» des burkinisch-belgischen Tänzers und Choreografen Serge Aimé Coulibaly. Bis Ende November zeigt «Culturescapes» Kunst und Kultur aus der Sahara.
Dass das Festival sein 20-jähriges Jubiläum feiern kann, ist rückblickend betrachtet keineswegs selbstverständlich und der Beharrlichkeit seines Gründers Jurriaan Cooiman zu verdanken. Er und sein Team haben das Konzept immer wieder den gesellschaftlichen und politischen Umständen angepasst.
«Wir sind eigentlich ein Anti-Festival», sagt Jurriaan Cooiman. Culturescapes erstreckt sich über zwei Monate und dauert damit viel länger als die meisten anderen Festivals. Es ist nicht auf eine einzige Stadt begrenzt und es umfasst Theater, Musik, Literatur, Kunst und gesellschaftliche und politische Debatten.
Startschuss in Osteuropa
Georgien war das erste Land, das Jurriaan Cooiman 2003 in den Fokus seines Festivals stellte. Der Impuls war ein persönliches Interesse. Der heute 56-jährige Kulturmanager wollte reisen und fragte sich, wie die Kultur hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang aussieht, über die im Westen wenig berichtet wird.
In den ersten Jahren stand dann jeweils ein Land aus Osteuropa im Fokus. Zuerst Georgien, ein Jahr später die Ukraine, gefolgt von Armenien, Estland und Rumänien.
Politische Aktualität
Genau während der ersten Ausgabe des Festivals fand in Georgien die Rosenrevolution statt. «Das gab dem Festival politisch Schlagkraft. Plötzlich stand Georgien in der medialen Aufmerksamkeit und damit auch unsere Veranstaltungen», blickt Jurriaan Cooiman zurück.
Die Wechselwirkung zwischen Kultur und Politik wurde für die Festivalleiter teilweise zur Gratwanderung: Bei der Eröffnung der Culturescapes zu Israel demonstrierte die propalästinensische BDS vor dem Theater Basel. Bestimmte Regierungen wollten Einfluss auf das Programm nehmen.
Kampf um nationale Identitäten
Jurriaan Cooiman gibt sich im Rückblick selbstkritisch: «Ich würde heute kein Festival mehr zu China, Israel oder der Türkei machen wollen.» Der Kampf um nationale Identitäten sei in den letzten Jahren extremer und aggressiver geworden».
Auch die Nachhaltigkeit des Festivals wurde immer mehr zum Thema. Seit 2015 findet Culturescapes deshalb nur noch alle zwei Jahre statt. Das gab Jurriaan Cooiman und seinem Team Zeit für vertiefte Recherche, zum Aufbau von Netzwerken und der Suche nach neuen Partnerinstitutionen.
Ökosysteme ersetzen Länderporträts
Vor zwei Jahren dann eine weitere zukunftsweisende Entscheidung: Zum ersten Mal stellt Culturescapes kein Land oder keine Metropole in den Fokus, sondern eine ganze Kulturregion oder beziehungsweise ein ganzes Ökosystem: den Amazonas.
«Damit haben wir auch unseren europäischen Kulturbegriff zur Disposition gestellt», sagt Jurriaan Cooiman. «Wenn man mit Schamanen oder Aktivistinnen zu tun hat, dann verändert das auch das eigene Kunstverständnis.»
Mit dem diesjährigen Schwerpunkt auf die Sahara geht Culturescapes diesen Weg konsequent weiter. Und dies nicht nur für eine Ausgabe, sondern gleich für zwei.
«Uns interessiert nicht nur die geografische Gegend, sondern auch die metaphorische und die spirituelle Botschaft, die die Sahara für den ganzen Planeten hat.»