Am Dienstagnachmittag um 16 Uhr war es soweit: Wie jedes Jahr am 25. Juli begannen die Richard-Wagner-Festspiele, das wichtigste Opernfestival Deutschlands.
Dieses Jahr eröffnete Bayreuth mit einer Neuinszenierung von Richard Wagners letzter Oper «Parsifal». Regisseur war der US-Amerikaner Jay Scheib, Dirigent Pablo Heras Casado. Für beide war es ihr Debüt in Bayreuth.
Neuland in Bayreuth
Ein weiteres Debüt am traditionsreichen Festspielhaus feierten auch die sogenannten AR-Brillen. Über Augmented Reality (einer computergestützten Erweiterung der Realität mittels spezieller Brillen) bebilderte Jay Scheib einen Grossteil seiner Inszenierung mit Symbolen, Insekten, Blumen und Bäumen.
Auch Plastikmüll, Batterien und Autos waren zu sehen. Und Symbole, die direkt mit Wagners Oper zu tun haben: ein Speer, ein blutender Schwan und eine Taube, die den heiligen Geist darstellt.
AR-Brillen sind bislang noch sehr selten im Opernbetrieb. Die Bilder könnten von der Musik ablenken, so der Einwand. Einige Premierengäste setzten die Brillen auch direkt wieder ab. Ohnehin hatten die Festspiele nur 330 Brillen für 2'000 Zuschauende zur Verfügung. Aus Kostengründen.
Heiliger Gral zum Auftakt
Regisseur Jay Scheib zeigte denn auch eine Operninszenierung, die ohne AR-Brille funktioniert. In Wagners Bühnenweihfestspiel, wie der Komponist es nannte, geht es um den heiligen Gral: Eine müde Gesellschaft von Gralsrittern wartet auf Kraft aus dem Gral. Eigentlich wartet sie sogar auf einen Erneuerer. Diesen finden sie in Parsifal.
Bis es aber soweit ist, fliesst noch einiges an Blut aus dem Gral. Der Hüter des Grals leidet immer noch an seiner Wunde. Und die Verführerin Kundry wird versuchen, Parsifal von seinem Weg abzubringen.
Kritik an Umgang mit Umwelt
Die Gralsritter sind im Stück als Bergleute dargestellt, die auf der Suche nach Kobalt sind. Ein Schwermetall, das heute unter anderem für Autobatterien verwendet wird. Der Gral, worin eigentlich das Blut Christi fliesst, ist in Scheibs Inszenierung aus Kobalt.
Der Regisseur kritisiert damit den ressourcenverschleissenden Abbau des Metalls und macht Umweltaspekte zum Thema seiner Inszenierung. Später zerschmettert Parsifal den Kobalt-Gral. Damit will Scheib sagen: Die Umweltausbeutung muss aufhören.
Zum utopischen Schluss flattert noch eine strahlende Taube durch die AR-Brillen – Symbol für die Vision einer umweltfreundlicheren Welt.
Integrative Botschaft
Diese «umweltfreundliche» Lesart von Wagners «Parsifal» wurde von der musikalischen Interpretation gespiegelt. Pablo Heras Casado liess das Orchester leise und mild spielen. Das kam auch den Sängern zugute.
Andreas Schager in der Titelrolle hat eine sehr schöne, geschmeidige Stimme. Im Vibrato manchmal zu stark. Durchweg exzellent war hingegen Elina Garanča als Kundry. Vor allem in den lyrischen Teilen einer Verführungsszene.
Zum Schluss der Inszenierung versöhnen sich Kundry und Parsifal noch in einer speziellen Lesart Scheibs. Denn oft bleibt Kundry die Ausgestossene. Jay Scheibs Aufruf zur Versöhnung ist hier deutlich zu spüren.