«Ich habe meine grössten Erfahrungen im Theater gesammelt!», sagt Herbert Grönemeyer, Popstar – und Theatermensch. Sein erstes Geld verdient er noch zu Schulzeiten als Theaterpianist. Und auch als Popstar komponiert er immer wieder Schauspiel- und Filmmusiken.
«Ich schreibe wahnsinnig gerne Musik», sagt Grönemeyer, «und ich schreibe eigentlich immer. Seit ich für die Proben in Basel bin, habe ich schon wieder sechs, sieben neue Stücke geschrieben. Das ist mein Leben!»
Den Grönemeyer hört man raus
Dabei ist sein Stil sehr wandelbar – wie man aktuell in seiner Oper «Pferd frisst Hut» hören kann, die am Wochenende Premiere hatte. «In den Melodien wird man mich erkennen – aber wer hier hineingeht und Grönemeyer-Songs erwartet, der wird enttäuscht sein!», sagt er.
«Pferd frisst Hut» heisst seine Oper, die er gemeinsam mit Regisseur Herbert Fritsch konzipiert hat. Man könnte sie auch Musical oder Operette nennen – aber Gattungsfragen sind hier zweitrangig.
Die Geschichte basiert auf einer Komödie aus dem 19. Jahrhundert von Eugène Labiche – ein wirres Versteckspiel voller Albernheiten. Ein Bräutigam muss am Tag seiner Hochzeit einen speziellen Hut auftreiben, den sein Pferd beim morgendlichen Ausritt verspeist hat – denn das Fehlen des Hutes würde den Seitensprung seiner Besitzerin aufdecken.
Der Bräutigam droht als Teil des Techtelmechtels verleumdet zu werden, die Hochzeitsgesellschaft sitzt ihm im Nacken, und den einzigen Hutladen der Stadt führt ausgerechnet seine ehemalige Geliebte.
Die Musik war eine Koproduktion
Wie findet man zu solch einer Geschichte Melodien? «So kenne ich das vom Theater», lacht Grönemeyer. «Man spürt dieses Widerborstige im Stück und überlegt: Wie passe ich die Musik da ein? Was für ein Ruhepol kann die Musik in diesem Moment sein, oder wie kann die Musik das beschleunigen?»
Und dann müsse man loslassen: «Die Arrangements habe ich Thomas Meadowcroft übergeben – er hat die Orchestrierung gemacht», erzählt Grönemeyer. «Das ist für mich auch ungewöhnlich, muss ich sagen. Aber das hat dem Ganzen noch mal ein eigenes Kostüm gegeben!»
Dass er seine eigenen Songs nicht selbst auf der Bühne performt, mache ihm hingegen gar nichts aus: «Ich kann gut loslassen. Ich höre mir wahnsinnig gerne an, wenn jemand meine Lieder singt, dann denke ich: ‹Ach, wie schön ist das denn!› Und dann vergesse ich manchmal, dass das von mir ist!»
Eine bunte Mischung auf der Bühne
Regisseur Herbert Fritsche inszeniert das Stück auf einer leeren Bühne mit elf bunten Türen – voller Slapstick-Komik und Klamauk. Die langen, gesprochenen Dialoge werden von Songs in schönster Grönemeyer-Manier unterbrochen – hervorragend gesungen von einem gemischten Schauspiel- und Opernensemble, wunderbar begleitet vom vielseitigen Sinfonieorchester Basel.
Doch zu Grönemeyers Melodien erwartet man tiefgründige Texte – keine Wortspiele mit «wixen» und «wachsen», keine Ode an die Materialien zur Hutherstellung. Doch für Grönemeyer ist das kein Widerspruch: «Ich möchte ernst genommen werden – auch in meiner Albernheit.»