Waterloo war nicht nur der Anfang vom Ende von Napoleon, sondern auch der von BlackBerry. Allerdings Waterloo, Ontario (Kanada). Der Blackberry war nicht nur das erste Smartphone, sondern für ein paar Jahre auch das Must-have-Gadget für jeden Businessman, Politiker und alle anderen «Mischler».
Tragisch-komische Tüftler
Matt Johnsons Film «BlackBerry» erzählt den wilden Ritt von der chaotischen Nerd-Entwicklerbude in Kanada zu einem der kurzfristig wertvollsten Unternehmen der Welt und dem darauffolgenden Absturz in jener Reinkarnation, die jede Tragödie eines Tages erfährt: als Komödie.
Damit das funktioniert, steht der Regisseur selbst an der Front. Er spielt den ewig optimistischen Supernerd Doug an der Seite des semi-autistischen Tüftler-Genies Mike Lazaridis (Jay Baruchel).
Als Doug motiviert er den wilden Programmierer- und Elektronik-Bastler-Haufen RIM (Research in Motion): Wenn es sein muss, tut er dies auch mit einer Movie-Night oder einer WC-Saugglocke, wenn der Lohn mal wieder ausbleibt, weil sie eben alle besser basteln können, als sich verkaufen.
Das nächste grosse Ding
Das ändert sich erst, als der windhundige, skrupellose und absolut durchsetzungsfähige Businessmanager Jim Balsillie (Glenn Howerton) sich RIM als Co-CEO unter den Nagel reisst. Dieser hat eher zufällig gemerkt, dass die jungen Nerds mit ihrer Kombination aus Pager, Minicomputer und Mobiltelefon gerade die nächste Tech-Revolution erfunden haben.
Balsillie ist der Geschäftsmann, Lazaridis das Entwicklergenie und Doug die gute Seele im Betrieb. Anhand dieser drei Hauptfiguren erzählt «BlackBerry» die grosse Gründergeschichte der Tech-Generation: den Garagenmythos von Hewlett-Packard, Apple, Google oder unzähligen anderen in rasendem Tempo von 1996 bis zur Entthronung von Blackberry durch Apples iPhone und den darauf folgenden schnellen Absturz.
Eine Fundgrube von Filmzitaten
Dank einer nostalgisch-ironischen 1990er- und 00er-Ästhetik, der permanenten Gegenüberstellung von Geek-Kultur und Corporate Warfare und unzähligen Film-, Game- und Pop/Rock-Zitaten gelingt Johnson dabei eine Tragikomödie, die sich wieselflink zwischen «Wayne’s World», «The Social Network» und «Wallstreet» bewegt.
Die Zitate beschränken sich dabei nicht auf einzelne Filmebenen, sie sind überall. Wie etwa der Umstand, dass der Ein- und Durchpeitscher, den Balsillie zu RIM holt, an Steve Ballmer von Microsoft erinnert. Gespielt wird er vom unverwüstlichen Michael Ironside, dem Haudegen und Militärausbilder aus Paul Verhoevens «Starship Troopers».
Einen ganz speziellen Kniff leistet sich der Film durch den weitgehenden Verzicht auf weibliche Figuren. Es gibt zwar ein paar Frauen im Hintergrund, aber hier spielen erst mal die Jungs mit ihren Spielsachen und die ewigen Krieger der skrupellosen Businesswelt unter sich.
Bis dann am Ende die Frauen aufräumen. Es ist eine Frau, die Balsillies Traum zerstört, gleich mehrere Hockeyteams zu kaufen: Sie erklärt ihm lächelnd, er sei moralisch schlicht zu verkommen. Der ganze Vorstand der Liga habe gegen ihn gestimmt. Und es ist eine Frau von der Steuerbehörde, welche die Untersuchungen wegen Aktienbetrug leitet und schliesslich das Ende von BlackBerry einläutet.