Es war keine Nacht der grossen Überraschungen: Im Verlauf einer so gut wie pannenfreien Show wurden in den meisten Kategorien die Werke und Menschen ausgezeichnet, die bereits im Vorfeld als Favoriten galten. (Liste siehe unten.)
Die mehrheitlich kurz gehaltenen Dankesreden zeugten in vielen Fällen von aufrichtiger Rührung. Die vier preisgekrönten Schauspielerinnen und Schauspieler blicken auf längere Durststrecken in ihren Karrieren zurück, so etwa Jamie Lee Curtis oder Brendan Fraser.
Komplett leer ausgegangen sind Steven Spielbergs «The Fabelmans», Todd Fields «Tár», Baz Luhrmanns «Elvis», Martin McDonaghs «The Banshees of Inisherin» und Ruben Oestlunds «Triangle of Sadness».
Bei den grossen US-Kino-Blockbustern reichte es je für einen Preis in einer Nebenkategorie: «Top Gun: Maverick» gewann für den besten Ton, «Avatar: The Way of Water» für die besten visuellen Effekte und «Black Panther: Wakanda Forever» für das beste Kostümdesign.
Deutschland holt sich Ehrenpunkte
Erstaunlich gut schlug sich das deutsche Netflix-Kriegsdrama «Im Westen nichts Neues» von Regisseur Edward Berger. Es erhielt vier Auszeichnungen (bester internationaler Film, beste Kamera, bestes Produktionsdesign, beste Filmmusik). Für eine nicht-englischsprachige Produktion ist das ein beachtlicher Erfolg.
Der Preissegen für den übermütigen Genremix «Everything Everywhere All at Once» von Daniel Kwan und Daniel Scheinert zeichnete sich bereits zuvor ab, weil der Film bereits in zahlreichen anderen Award Shows gut abgeschnitten hatte. Dieses ungewöhnliche Werk repräsentiert, wie sich die heutige Academy gutes Kino vorstellt: dynamisch, divers, generationenverbindend, auf einem gewagten Konzept basierend und doch nicht am Publikum vorbei.
Klares Ja zum Kinofilm
Zwar blieben mit Tom Cruise und James Cameron zwei Männer der Veranstaltung fern, die im vergangenen Jahr für einen Grossteil der verkauften Kinotickets verantwortlich waren.
Dennoch waren die Oscars 2023 eine Show, die mit besonderem Stolz eine Reihe von Kinospielfilmen würdigte, die auch wirklich in Kinosälen liefen und für diesen Zweck konzipiert wurden. Zu den Streaming-Giganten hat sich eine gesunde Distanz eingestellt.
Showtechnisch kamen die Oscars 2023 ohne ernsthafte Aufreger aus, und bis auf die Prämierung von «Navalny» als bester Dokumentarfilm auch weitgehend ohne politische Statements.
Das hat wohl auch damit zu tun, dass die US-amerikanische Filmindustrie nach einigen Krisenjahren eine neue, etwas bescheidenere Rolle gefunden hat: Kleinere Produktionsfirmen mischen erfolgreich mit, originelle Werke haben ihren Platz, grosse Stars geben sich menschlich.
Und vor allem: Es wurden lauter Filme prämiert, die nicht mit Prestige oder mit riesigen Budgets zu überzeugen versuchten – sondern mit Qualität.