Es begann mit einer Schnapsidee: ein Filmfestival im Januar und – um die Aufmerksamkeit Hollywoods zu gewinnen – in der Nähe zweier Skiressorts in Park City.
Mittlerweile ist das Sundance Film Festival in Utah das viertwichtigste Filmfestival der Welt. Zu den Filmemachenden, die hier Frühwerke aufführten und den nötigen Karrierekick erhielten, gehören Namen wie Quentin Tarantino oder Christopher Nolan. Zuletzt feierten auch der Oscar-prämierte Film «CODA» und der aktuelle Oscar-Kandidat «Past Lives» ihre Weltpremieren in Park City.
Einen Teil des Festivalprogramms gibt es auch online zu sehen. Hinter der Digitalisierung steht die Hoffnung, dass die Werbetrommel für Filme ohne Verleiher auch von jenen angekurbelt wird, denen die Reise nach Utah zu kostspielig ist.
Diese Rechnung geht auf: Zwar verhalten sich die Verleiher zurückhaltender als auch schon, trotzdem sicherte sich etwa Netflix die Rechte von gleich drei Titeln aus dem Programm.
Schweizer Farbtupfer im Wettbewerb
Wer im diesjährigen Spielfilmprogramm einen gemeinsamen Nenner sucht, findet ihn bei komplizierten Vater-Tochter-Beziehungen.
Die Schweizer Co-Produktion «Reinas», in dessen Mittelpunkt Regisseurin Klaudia Reynicke zwei Töchter stellt, die zu unruhigen Zeiten in Lima aufwachsen, gehört da genauso dazu wie «In the Summers», der Gewinner des Hauptpreises.
Das semi-autobiografische Debüt von Alessandra Lacorazza Samudio erzählt von Sommeraufenthalten beim entfernten Vater. Visuell ansprechend, doch der Film schwächelt wegen der nur bedingt überzeugenden schauspielerischen Leistungen. «Good One», eine intime Geschichte über einen missratenen Vater-Tochter-Campingtrip, wäre die bessere Wahl für diesen Preis gewesen.
Ebenfalls aufgefallen: «A Real Pain» von Jesse Eisenberg. Ein Roadtrip zweier Cousins, der die richtige Balance zwischen Feel-Good und Ernsthaftigkeit findet. Searchlight Pictures sicherte sich diesen Film für stolze zehn Millionen US-Dollar.
Ukraine-Dokus an der Spitze
Immer hochkarätig besetzt ist der Dokumentarfilm-Wettbewerb: Sechs der letzten zehn Gewinner des Dokumentarfilm-Oscars feierten Weltpremiere in Utah.
Wie schon beim letztjährigen Oscar-Gewinner «Navalny» und dem diesjährigen Kronfavoriten «20 Days in Mariupol» widmet sich auch der jüngste Sundance-Preisträger «Porcelain War» dem Krieg.
Seiner Schlüsselfrage, ob man inmitten eines Krieges weiterhin künstlerisch tätig sein kann, wird der Film zwar nicht wirklich gerecht, liefert dafür eindrückliche Bilder aus der belagerten Stadt Bachmut.
Der beste Ungekrönte
Ganz ohne Jury-Auszeichnung bleibt «Black Box Diaries», die grösste Entdeckung des Festivals. Darin dokumentiert Journalistin Shiori Itō den zähen Kampf gegen ihren Vergewaltiger.
Ein gewichtiger Film, der die #MeToo-Bewegung wieder neu ankurbeln dürfte – sofern sich ein Verleiher findet.