Es mache für ihn keinen Sinn mehr, beim «Prix Romandie» zuzuschauen, schrieb Michael Steiner («Mein Name ist Eugen», «Sennentuntschi») vergangene Woche in einer Mail an die Schweizer Filmakademie: Er gebe seinen Austritt aus der Organisation bekannt.
Nur zugeschaut hätte Steiner bei der Vergabe des vergangenen Schweizer Filmpreises im März, weil sein Spielfilm «Early Birds» nirgends nominiert war. Und von einem «Prix Romandie» spricht er, weil in der Kategorie «Bester Spielfilm» die Westschweiz dieses Jahr überragend dominiert.
Seine Kritik habe mit dem System der Akademie zu tun, sagt Steiner gegenüber «Gesichter & Geschichten»: Wer einmal gewonnen habe, nehme am Nominationsverfahren des Schweizer Filmpreises teil – und dies habe zur Konsequenz, dass nun «Welsche für Welsche» abstimmen würden.
Gar nicht so unausgewogen
Relativierend muss man sagen: Zahlenmässig erhärten lässt sich der Vorwurf nicht. Samir, Co-Präsident der Filmakademie, führt aus: Die Stimmbeteiligung verteile sich in etwa auf die beiden Sprachregionen, es hätten somit auch Mitglieder aus der Deutschschweiz für französischsprachige Filme abgestimmt.
Zudem: Letztes Jahr waren in der Spielfilmkategorie mehrere Filme aus der Deutschschweiz nominiert. Bei den Dokumentarfilmen dominiert auch dieses Jahr die Deutschschweiz. Aber Michael Steiner hat dennoch einen Punkt. Mehrere sogar.
Die Schweizer Filmakademie und ihr Filmpreis haben Erfahrung mit Kritik. Der Anlass kann es niemandem recht machen: Kommt er zu glamourös daher, wird den Veranstaltenden angekreidet, sie würden öffentliche Gelder verschleudern. Präsentiert sich der Filmpreis bescheidener, dann lautet der Vorwurf: Niemand schaut zu.
Zu teuer, zu uninteressant?
Steiner bemüht in seinem Austrittsschreiben die Kritik beider Seiten: Die Kosten für diesen «Abend der Branchen-Selbstbeweihräucherung» würde man gescheiter in die Produktion stecken, schreibt er einerseits. Andererseits moniert er, der Preis fände in der Öffentlichkeit kaum Beachtung.
Das mag stimmen. Es stimmt auch, dass die Akademie populäre Gattungen wie Komödien, Thriller und Melodramen vernachlässigt zugunsten von Arthouse-Projekten aus der Hand von Filmschaffenden mit Abschlüssen an Schweizer Kunstschulen.
Prozedere überdenken?
Prognostizieren lässt sich: Weder Michael Steiners Vorwürfe noch sein Austritt werden viel am Schweizer Filmpreis verändern. Der Preis wird weiterhin vergeben – und für die Branche bleibt der Anlass ungeachtet der öffentlichen Wahrnehmung wichtig.
Was die Akademie aber aus Steiners Austritt lernen kann: Es müsste ihr Ziel sein, die Schweizer Filmschaffenden zu einen, nicht zu spalten. Wenn das mit einer kompetitiven Veranstaltung funktionieren soll, dann müsste zumindest eine der Grundvoraussetzungen sein, dass man sich diese Preise auch gegenseitig gönnt.