Wie kann das klassische Märchen von «Schneewittchen» Kontroversen um Rassismus, Chauvinismus, Stereotypen, die Wiederwahl von Trump und den Gaza-Konflikt entfachen? Vorgezeigt hat das die Realverfilmung des Disney-Zeichentrick-Klassikers von 1937.
Nicht weiss genug
Als bekannt wurde, dass die Latina Rachel Zegler Schneewittchen spielen würde, gab es den erwartbaren Aufschrei konservativer Internet-User: Warum spiele eine Woman of Color eine Figur, die für ihre «Haut so weiss wie Schnee» bekannt ist?
Dann sorgte ein Interview mit Rachel Zegler auf X für Aufregung. Der junge Star sagte darin: «Der ursprüngliche Zeichentrickfilm kam 1937 heraus – und das ist ganz offensichtlich. Der Schwerpunkt liegt auf Schneewittchens Liebesgeschichte mit einem Mann, der sie buchstäblich stalkt. Seltsam. Seltsam. Also haben wir das diesmal nicht gemacht.»
Klar, dass da konservative Kreise mit einem Shitstorm reagierten: Schneewittchen würde zu feministisch sein, traditionell lebende Frauen würden beleidigt, die Schauspielerin würde den Originalfilm nicht mögen.
Ein PR-Desaster nach dem anderen
Auch die Zwerge lösten eine Kontroverse aus. Denn: Ist es nicht rückständig, kleinwüchsige Menschen für diese Rollen zu besetzen? Am Ende wurden die sieben Figuren zwar computeranimiert, doch auch dafür erntete Disney Kritik: Sie hätten damit kleinwüchsigen Schauspielern Arbeitsmöglichkeiten genommen, heisst es.
Kaum war der erste Trailer veröffentlicht, gab es Boykottaufrufe. Warum? Schneewittchen-Darstellerin Rachel Zegler ist pro Palästina und Gal Gadot, die böse Königin, ist pro Israel. Als wäre diese politische Spannung nicht genug, postete Rachel Zegler nach den US-Wahlen den Ausruf «Fuck Donald Trump» auf Social Media.
All diese PR-Fallstricke hatten zur Folge, dass die Premiere in Los Angeles ohne die übliche Presse auf dem roten Teppich stattfand – um kritische Fragen an die Hauptdarstellerinnen zu vermeiden.
Brav statt Badass
Viel Aufregung um ein eigentlich niedliches und kitschiges Filmmusical, das sich an vorpubertäre Kinder richtet und die Originalvorlage nur sanft modernisiert hat: Schneewittchen arbeitet nach wie vor als Magd im Schloss der bösen Stiefmutter und Königin. Wie im Original landet die junge Frau bei den sieben Zwergen und wird später von der bösen Königin mit einem magischen Apfel vergiftet.
Was es nicht mehr gibt, ist der Prinz. Dafür einen Dieb und Anhänger von Schneewittchens verschwundenem Vater, dem König. Schneewittchen putzt nicht mehr das Haus der Zwerge und hat einen aktiven Anteil am Sturz der bösen Königin.
Zum Glück gibt es am Ende keine riesige Schlacht mit einem schwertschwingenden Schneewittchen, sondern «nur» einen Showdown Frau gegen Frau. Wer ein Badass-Schneewittchen sehen will, dem sei «Snow White and the Huntsman» mit Kristen Stewart empfohlen.
Ein herziger Kinderfilm
Das 2025-«Schneewittchen» ist entspannte Unterhaltung für Kinder mit einigen netten Songs. Absolutes Jö-Highlight sind die Waldtiere, die der Heldin helfen.
Disney geht mit dem Film auf Nummer sicher. Er eckt inhaltlich nicht an und spiegelt die zwei grossen Trends in Hollywood wider: Musicals am laufenden Band und kaum neue Stoffe, sondern Remakes und Fortsetzungen.