Die Story von «Twisters» wirkt auf den ersten Blick wie ein klassischer Town-Cleaner-Western. Nur dass nicht ein Sheriff die Outlaws aus der Stadt treibt, sondern eine Meteorlogin Tornados aus Oklahoma verbannen will.
Kate (Daisy Edgar-Jones) testet ein neuartiges Ortungssystem. Sie ist zudem eine Tornadoflüsterin. Das heisst, sie hat die Gabe, aufkommende Wirbelstürme zu spüren und ihre Bewegungen vorauszusagen.
Bei der Arbeit trifft Kate auf den Sturmjäger und durchgeknallten Cowboy-YouTuber Tyler (Glen Powell), der jedes Risiko für gute Klickzahlen eingeht und von sich behauptet, auf Stürmen statt auf Pferden zu reiten.
Als die schlimmste Tornado-Saison aller Zeiten ausbricht, tun sich die beiden zusammen.
Eine Rom-Com im Herzen
Das Schöne an «Twisters» ist aber, dass es im Kern weder Western noch Katastrophenfilm ist, sondern eine romantische Komödie.
Denn man wartet nicht nur auf die nächsten spektakulären Tornado-Bilder, sondern auch darauf, dass endlich der Sturm der Liebe zwischen Kate und Tyler ausbricht. Der Weg dahin ist böig, wie es bei einer guten Filmromanze sein muss.
Totgeglaubte leben länger
«Twisters» liegt voll im aktuellen Hollywood-Trend, längst vergessene Stoffe wiederzubeleben. Nur eingefleischte Kinogänger werden noch «Twister», man achte auf den Singular, von 1996 im Kopf haben.
Weltweit spielte der Katastrophenfilm fast 500 Millionen US-Dollar ein. Produziert hat ihn Starregisseur Steven Spielberg, geschrieben Erfolgsautor Michael Crichton.
Die Story war simpel: Zwei Wetterexperten müssen ein revolutionäres Messgerät gefährlich nah bei einem Tornado in Stellung bringen.
Wiedergänger sind en vogue
In letzter Zeit gab es viele solcher Wiedergänger: Anfang Juli bekam die Eddie-Murphy-Reihe «Beverly Hills Cop» nach 30 Jahren Pause einen vierten Teil.
Als im Mai der Action-Film «The Fall Guy» mit Ryan Gosling und Emily Blunt in die Kinos kam, erinnerten sich nur wenige an die Vorlage, nämlich die gleichnamige Fernsehserie aus den 1980ern über einen Stuntman, der Kautionsjäger wird.
In Zukunft werden noch weitere Wiedergänger auftauchen: Im November beispielsweise kommt nach 24 Jahren eine Fortsetzung vom antiken Römer-Epos «Gladiator».
Recyclen lohnt sich
Hollywood wiederbelebt alte Stoffe, weil es sich einerseits erhofft, dass die einst erfolgreichen Titel einen Wiedererkennungseffekt auslösen und so Menschen ins Kino locken. Anderseits werden Entwicklungskosten eingespart, weil die Drehbuchautorinnen und -autoren auf bereits existierende Konzepte und Charaktere zurückgreifen können.
Das heisst nicht, dass es schlechte Filme sind: «Twisters» ist bestimmt kein laues Lüftchen.
Wohin weht der Wind?
Die stürmischen Abenteuer von Kate und Tyler werden mit einem konsequenten Country-Soundtrack begleitet, auf dem Grössen wie Luke Combs oder Miranda Lambert über Land und Leute singen.
Dass in einem Film übers Wetter das Wort «Klimawandel» nicht erwähnt wird, mutet erst einmal seltsam an. Aber eigentlich schwingt er bei jeder Windhose, bei jedem Hagelkorn, bei jedem wegfliegenden Haus mit.
Romantisch, witzig, actionreich, «Twisters» ist perfektes Unterhaltungskino ohne Tiefgang, das im Prinzip ohne inhaltliche Bezüge zum Original von 1996 auskommt.
Als in der zweiten Hälfte des Films ein Tornado auf eine schutzlose Kleinstadt zurast, ruft ein Helfer «Wir müssen alle ins Kino bringen!». «Twisters» könnte das gelingen.