In den Nullerjahren war die Gleichung noch ganz simpel: Charming George Clooney plus sexy Brad Pitt gleich Big Money. Die Rechnung ging bei der Gaunerkomödie «Ocean’s Eleven» (2001) genauso auf wie bei ihren zwei Fortsetzungen. Sogar «Burn After Reading» (2008), die letzte Kooperation der «Sexiest Men Alive» (beide gewannen den Titel je zweimal), war für einen Arthouse-Film finanziell sehr erfolgreich.
16 Jahre danach sieht die Entertainment-Welt völlig anders aus: Hollywood verkauft seine grössten Hits nicht mehr primär über Stars, sondern über Marken aus dem Comic- oder Videogames-Kosmos. Gleichzeitig bieten immer mehr Streaming-Giganten ihre selbst produzierten Inhalte exklusiv auf den eigenen Plattformen an.
Streaming Killed the Movie Star
So kommt's, dass ein Starvehikel wie «Wolfs» weltweit nur auf wenigen Leinwänden zu sehen ist. Zum Beispiel in Venedig, wo die Buddy-Komödie kürzlich Premiere gefeiert hat. Oder in den USA, wo eine kurze Kinoauswertung mit wenigen Kopien vereinbart wurde.
Die zwei Kassengaranten spielen in «Wolfs» konkurrierende Problemlöser – ein Beruf, der immer wieder in Filmen auftaucht. Der ikonischste dieser «Fixer» oder «Cleaner» genannten Männer wurde 1994 von Harvey Keitel verkörpert. Sein kurz und knapp «Wolf» genannter Vollprofi hinterliess einen so prägenden Eindruck, dass auch 30 Jahre später noch darauf Bezug genommen werden kann.
Da Clooney und Pitt Versionen von Keitels Figur darstellen, ist der Titel «Wolfs» nicht so schief, wie er auf den ersten Blick wirkt. Wobei «Wolves» durchaus auch gepasst hätte. Schliesslich verstehen sich beide als einsame Wölfe, die ihr Handwerk allein auszuüben pflegen. Genau das können sie aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände bei ihrem jüngsten Auftrag nicht. Natürlich sehr zur Freude des Publikums, das sich in der Folge an smart konstruierter Situationskomik laben darf.
Apple fühlt sich veräppelt und zieht die Reissleine
Als Mitproduzenten des Films, die für den Stoff sofort Feuer und Flamme waren, hätten Brad Pitt und George Clooney einen globalen Kinostart klar bevorzugt. Letzterer liess auf der Pressekonferenz am Filmfestival von Venedig seinen Ärger durchblicken: «Klar ist die plötzliche Änderung von Apples Distributionsplan ein Tiefschlag. Immerhin werden viele Leute den Film zu Hause sehen können. Aber eine breite Kinoauswertung wäre besser gewesen.»
Was war geschehen? Apple hatte wiederholt schlechte Erfahrungen mit der Strategie gemacht, seine Produktionen vor dem Streaming-Start mit vielen Kopien in die Kinos zu bringen. Die schlechten Kritiken und Einspielergebnisse von «Fly Me to the Moon» brachten das Fass schliesslich zum Überlaufen. Darum cancelte Apple kurzerhand den internationalen Kinostart all seiner Filmprojekte – mit einer Ausnahme: «F1», ein sündhaft teures Rennfahrspektakel mit Brad Pitt, soll nächstes Jahr weltweit die Kinokassen füllen.
Verlierer, wohin man blickt
«Wolfs» wird dagegen an die kurze Leine genommen. Ohne Aussicht, um die Gunst des breiten Kinopublikums zu heulen, dürfte das gezähmte Raubtier zum Schosshündchen verkommen.
Zumal sein Humor die volle Wirkung erst erzielt, wenn man sich zusammen mit vielen anderen Menschen auf die Kabbeleien von Pitt und Clooney einlässt. Dies zu missen, ist ein Verlust – vor allem für die Kinowelt und ihre nicht jünger werdenden Helden.
Streaming-Start: 27.9.2024 auf Apple TV+