Wer vom Visual-Effects-Kino spricht, darf seit ein paar Jahren über Game-Technologien nicht schweigen. Beispiel «The Mandalorian»: Die im «Star Wars»-Universum spielende Produktion wird zu grossen Teilen in einem Studio gedreht, das von oben bis unten mit hochauflösenden LED-Bildschirmen ausgekleidet ist.
Auf diesen Videowänden sind Hintergründe und Visual-Effects (kurz VFX) zu sehen, die in Echtzeit berechnet werden – sich also laufend dem Geschehen anpassen. Die Regisseurin sieht direkt das fertige Bild und muss nicht mehr tagelang warten, bis der Computer bestimmte Effekte berechnet hat.
Branchen-Insider schätzen, dass solche virtuellen Produktionsweisen schon in wenigen Jahren Standard sein werden. «Weil man alles auf einmal sieht, kann man viel besser und schneller entscheiden, wie eine Einstellung aussehen soll», sagt Ben Cowell-Thomas, der bei grossen Filmproduktionen für die digitalen Effekte zuständig ist.
«Du kannst zum Beispiel einen Baum im Hintergrund so lange verschieben, bis er richtig ins Bild passt.» Diese Technologie habe heute einen enormen Einfluss auf die Branche, stellt Cowell-Thomas fest.
Kreativer dank Game-Technologie
Möglich machen das sogenannte Game-Engines: Software, die bei Computerspielen den Spielverlauf steuert und in Echtzeit alle Bilder berechnet. Bei «The Mandalorian» kam die «Unreal Engine» der Firma Epic zum Einsatz, die zum Beispiel das Game «Fortnite» antreibt. Auch Serien und Filme wie «Westworld» oder «The Batman» setzen auf Unreal-Technologie.
Neben der Unreal Engine kommt in Film- und Serien-Produktionen auch die Unity Engine zum Einsatz. Auch damit lassen sich Licht- und Kamera-Bewegungen am Computer simulieren und digitale Effekte in Echtzeit einspielen.
Das spart nicht nur Zeit und Personal, sondern lässt Filmemacher auch kreativer werden: «Wir können eine Szene so auf fünf verschiedene Weisen durchspielen statt wie früher nur einmal», weiss Ben Cowell-Thomas. «Und je öfter man beim Filmen etwas ausprobieren kann, desto besser wird das Ergebnis.»
Die Zusammenarbeit zwischen Film- und Gamestudios ist in den letzten Jahren denn auch immer enger geworden. «Beide Seiten haben voneinander gelernt», stellt Cowell-Thomas fest. Im Fall von Unity ist die Zusammenarbeit sogar besonders eng geworden: Letzten November wurde bekannt, dass Unity für 1,6 Milliarden Dollar Weta Digital kaufen will, das VFX-Studio hinter effektlastigen Blockbustern wie «Herr der Ringe».
Die Demokratisierung der VFX-Arbeit
Im Gegensatz zu den Programmen, die Hollywood-Studios traditionell zur VFX-Arbeit einsetzen, ist die Unreal- und Unity-Software frei verfügbar und kann von allen gratis heruntergeladen werden. Viele erhoffen sich vom freien Zugang zu den Gestaltungsmitteln eine Demokratisierung der Visual-Effects-Arbeit. «Ich bin wirklich gespannt, was jüngere Künstler mit diesen Werkzeugen machen werden», sagt auch Ben Cowell-Thomas.
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Auch Tipps und Anleitungen zum Umgang mit der Software sind leicht zugänglich: Auf YouTube zum Beispiel finden sich viele Tutorials, die Anfängern und Anfängerinnen beibringen, wie sie mit Unreal oder Unity visuelle Effekte erstellen können.
«Junge Leute werden damit wirklich spannende Dinge erschaffen.» Ben Cowell-Thomas fügt lachend an: «Ich bin viel zu alt, um mir vorzustellen, was das sein könnte.»