Es begann so idyllisch wie harmlos: 1874 bedeutete ein Zoobesuch in Basel ein Spaziergang durch Weiherlandschaften mit einheimischen Tieren. Die Eröffnung des ersten Zoos in der Schweiz war ein grosser Erfolg. Doch bereits nach einem Jahr sank das Interesse am Zoo wieder.
Geld auf Kosten der Menschenwürde
Um mehr Publikum anzulocken, setzte der Zoo Basel auf exotische Tiere: Kamele, Lamas und Tapire. 1886 stiess die Elefantendame «Miss Kumbuk» zu den dauerhaften Gästen – der erste Elefant, der in einem Schweizer Zoo zu sehen war, eine Attraktion.
Doch der chronisch defizitäre Zoo brauchte noch mehr Publikum. Er setzte daher auf die damals überall beliebten Völkerschauen. «Mit der ersten Völkerschau 1879 generierte der Zoo in zwölf Tagen einen Fünftel seiner Jahreseinnahmen», erzählt der Historiker Lukas Meili, der zusammen mit Jennifer Degen ein Buch zum 150-Jahr-Jubiläum des Basler Zoos geschrieben hat.
Bis 1935 zeigt der Zoo Basel insgesamt 21 Völkerschauen. Stellte also dem Publikum Menschen zur Schau, vor allem aus afrikanischen Kolonien. Unter dem Deckmantel der wissenschaftlichen Auseinandersetzung ging es jedoch vielmehr darum, die Sensationslust zu befriedigen und Vorurteile zu bestätigen.
Das sehe man auch in der damaligen Berichterstattung, sagt Lukas Meili: «Die Menschen wurden mit Tieren gleichgesetzt, man bezeichnete sie als primitiv und naiv.» Ein unrühmliches Kapitel in der Basler Zoogeschichte, aber kein Einzelfall. Auch andere Schweizer Zoos und Zirkusse stellten damals Menschen aus.
Profitieren durch das koloniale System
Das Unternehmen «Zoo» war mit dem Kolonialismus eng verflochten. Das zeigt sich auch bei der Tierbeschaffung. Der Zoo Basel beauftragte Grosswildjäger in fernen Ländern. Später führte er dort auch eigene Tierfangexpeditionen durch.
Der damalige Tierarzt und spätere Zoodirektor Ernst Lang jagte 1952 in der britischen Kolonie Tanganjika fünf Elefanten für den Zoo Basel. «Einen Zoo mit exotischen Tieren zu betreiben, wäre nicht möglich gewesen, ohne mit den kolonialen Systemen in Verbindung zu treten und von ihnen zu profitieren», sagt Lukas Meili.
Pionier in der Tierzucht
Dem Wildfang setzten schliesslich internationale Artenschutzabkommen und Zoo-eigene Zuchterfolge ein Ende. 1956 gelang dem Zoo Basel die Weltsensation: Erstmals kam in einem Zoo ein Panzernashorn auf die Welt. Und auch die Geburt des Gorillaweibchens Goma im Jahr 1959 war eine Pionierleistung.
Der Basler Zoo wurde über die Jahrzehnte immer wissenschaftlicher geführt. «Die hygienischen Bedingungen und die tierärztliche Betreuung haben nach dem zweiten Weltkrieg einen Riesensprung erlebt», sagt Historikerin und Buchautorin Jennifer Degen.
Das Tier darf Tier sein
Das bedeutet auch, dass Pfleger heute auf Distanz zum Tier gehen. Und auch das Publikum hält Abstand. 1960 wurde ein Fütterungsverbot eingeführt, 1992 war Schluss mit Elefantenreiten.
Heute muss man die Tiere in den weitläufigen, üppig begrünten Gehegen geduldig suchen. Sie werden einem fast nirgends mehr hinter Gitterstäben präsentiert. Auch das gehört zur Entwicklung des Zoo Basel von einem Ort des Spektakels hin zu einem Ort der Wissenschaft, der Forschung und des Naturschutzes.