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2000er-Jahre-Trend Nostalgische Sounds: Klingeltöne feiern ihr Comeback

Klingeltöne erleben eine Renaissance – in Apps. «Schuld» sind Millennials in Retro-Stimmung.

Wir schreiben das Jahr 2007. Ihr Nokia N95 Handy klingelt und spielt eine blecherne Version von Rihannas «Umbrella». Vielleicht scheppert auch Soulja Boys «Crank That» aus dem kleinen Lautsprecher oder das «Ring Ding Ding» des schauderhaften Crazy Frogs.

Egal, es soll hier nur darum gehen, dass Sie damals noch jedes Mal stolz auf Ihren Klingelton hörten, mit dem Ihr Telefon einen Anruf verkündete.

Klingelton-Apps im Trend

Im Jahr 2007 generierten Klingeltöne einen weltweiten Umsatz von geschätzt über eineinhalb Milliarden Dollar (ca. 1,3 Milliarden Franken). Seither ist diese Zahl dramatisch zurückgegangen.

Doch Klingeltöne erleben eine heimliche Renaissance, wie das Online-Magazin Sherwood jüngst schrieb. Nicht als einzelne Töne zum Herunterladen, sondern als Apps, die verschiedene Klingeltöne bereithalten oder selbst Klingeltöne herstellen lassen. Apps wie «Zedge» oder «Garage Ringtones», die in ihren jeweiligen Kategorien auch in den Schweizer Appstores zu den am meisten heruntergeladenen gehören.

Person mit Handy vor Computerbildschirm, Jamba-Website angezeigt.
Legende: In den Nullerjahren sorgten Klingeltonanbieter wie Jamba und Co. für Aufsehen und massive Kritik. Sie köderten junge Handynutzer mit teuren SMS-Diensten und versteckten Abofallen. IMAGO/Becker&Bredel

Die Umsätze dieser Apps liegen zwar noch weit von denen der Nullerjahre entfernt – bei «Zedge» betragen sie laut dem Analytik-Unternehmen Sensor Tower etwa 400'000 Dollar im Monat (ca. 362’700 Franken) – sind in den letzten Jahren aber kontinuierlich gestiegen.

Zusammengenommen sollen alle Top-Klingelton-Apps auf 60 Millionen Downloads pro Jahr kommen und damit über 21 Millionen Dollar (ca. 19 Millionen Franken) einnehmen.

Nullerjahre reloaded

Aber wer kauft heute noch Klingeltöne, wo spätestens die Generation Z beschlossen hat, das Smartphone für immer auf stumm zu stellen und statt zu telefonieren lieber Kurznachrichten zu schreiben?

Zahlen für die Schweiz gibt es nicht, doch in den USA liegt das Durchschnittsalter der Nutzerinnen und Nutzer laut Sensor Tower zwischen 31 und 37 Jahren – Millennials also, die zur Blütezeit der Klingeltöne Teenager waren und sich nun nach den süssen Tönen ihrer Jugend sehnen.

Einer der prominentesten Kommentare unter dem offiziellen Youtube-Video des Crazy Frogs lautet denn auch: «2009: Crazy Song. 2025: Nostalgic Song». Das Video wurde bis heute fast fünf Milliarden mal angesehen.

Ein Vorläufer der App-Stores

Box aufklappen Box zuklappen
Handybildschirm mit Download-Optionen.
Legende: IMAGO/Papsch

Mit dem Geschäft mit den Klingeltönen scheint eine ehemalige Milliarden-Industrie innert weniger Jahre im Nichts verschwunden zu sein. Doch Klingeltöne haben Einfluss da hinterlassen, wo man ihn vielleicht nicht vermuten würde: bei den App-Stores, in denen wir heute per Knopfdruck neue Funktionen für unser Smartphone herunterladen.

Die Klingeltonindustrie etablierte digitale Plattformen, auf denen viele Nutzerinnen und Nutzer zum ersten Mal direkt mit ihrem Handy einkaufen und bezahlen konnten. Und Mobilfunkanbieter erkannten, dass digitale Produkte nahezu keine Lagerkosten verursachen und es in ihrem Interesse lag, möglichst viele Inhalte anzubieten. Das legte die Grundlage für App-Stores von heute.

SRF 3, 29.1.2025, 14:45 Uhr

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