Fahrräder sind die grosse Leidenschaft von Pierre-Henri Heizmann. Der Kurator am Musée Rath in Genf kommt aus einer Familie von Velo-Fans, in der alle Radfahrer waren. «Meine Eltern machten auf ihrer Hochzeitsreise 1947 eine Fahrradtour durch die Schweiz», sagt Heizmann. Er selbst erinnert sich noch ganz genau an sein erstes Fahrrad, das er mit sieben Jahren bekommen hat.
Am Anfang war das Hochrad
Mit seinem Team im Musée Rath hat Pierre Henry Heizmann nun eine umfangreiche Ausstellung rund ums Velo eingerichtet. Sie beginnt mit einem Blick in die Geschichte: mit den ersten drei Velos, die zwischen 1860 und 1880 in Genf gebaut wurden. Gezeigt wird ein Hochrad, das einen Raddurchmesser von eineinhalb Metern hat. Weiter stehen zwei Fahrräder in der Ausstellung, die bereits gleich grosse Räder haben, aber noch keinen Kettenantrieb.
Auch bei den ersten Zweirädern sind die Räder gross. Der Fahrer, damals meistens männlich, sitzt hoch. Das hatte technische Gründe: die Pedale sassen direkt am Rad. Und mit einem grossen Rad liess sich mehr Schwung erzeugen.
Es gab aber auch soziale Gründe: Adelige und Bürger mochten das Fahrrad, weil sie auf den grossen Rädern wie hoch zu Ross sassen. Radfahren war anfangs etwas für die Oberschicht. Erst nach und nach wurde das Velo zu einem Fortbewegungsmittel für alle.
Die Demokratisierung des Drahtesels
Die Ausstellung rund ums Rad erzählt von technischen Fortschritten, aber auch von gesellschaftlichen Entwicklungen.
Von Frauen, die sich ohne Korsett aufs Rad schwingen, von der Entwicklung des Radwegenetzes zum Beispiel in Genf seit den 1980er-Jahren und bis heute und vom Velo als Transportmittel für verschiedene Berufsgruppen.
Manches wird dabei nur knapp skizziert, die Fülle an Velos aber ist enorm.
130 Fahrräder sind zu sehen, vom Laufrad bis zum modernen E-Bike. Auch ausgefallene Stücke mit Rahmen aus Plastik oder Holz.
Ein Velo – 1472 Teile
Ein Highlight der Ausstellung findet sich im Untergeschoss. Dort tritt man in eine Werkstatt ein und an der Rückwand hängt – fein säuberlich in seine Einzelteile zerlegt – ein Velo aus den 1960er-Jahren.
1472 Teile sind es. Jedes noch so kleine Schräubchen, das in einem Standard-Velo verbaut wird, ist hier zu sehen – inklusive sämtlicher Kettenteile. Ob Technikfans, Geschichtsinteressierte oder Velo-Enthusiasten – die Ausstellung bietet viel Anschauungsmaterial.