Das Wichtigste in Kürze
- In Ägypten dauern Schulferien vier Monate – Angestellte in der Privatwirtschaft haben zwei Wochen Ferien.
- Seit November 2016 stieg die Inflation auf mehr als 30 Prozent, was die Urlaubskassen der Ägypter schrumpfen liess.
- Wer Ferien macht, fliegt nicht mehr ans Mittelmeer, sondern fährt ans Rote Meer.
Die Ferien in Ägypten sind weltrekordverdächtig: Staatliche Schulen schliessen von Mitte Mai bis Mitte September – ganze vier Monate. In den Jahrgängen vor der Matura sind es zwölf Wochen, in denen es keinen Unterricht gibt. Ebenso bei privaten Schulen, auf die wohlhabende Ägypter ihre Kinder schicken, und den Universitäten.
Viel Zeit also, um den Sommer zu geniessen, der allerdings auch Temperaturen jenseits der 40 Grad mit sich bringt. Viele Schulen haben keine Klimaanlagen.
Leere Urlaubskassen
Natürlich können Familien nicht die ganze Zeit in Urlaub fahren – wenn sie es sich überhaupt leisten können. Knapp 30 Prozent der Menschen leben offiziell unter der Armutsgrenze von weniger als 1,65 Dollar am Tag.
Seit die Zentralbank die Landeswährung im November freigegeben hat, verlor das Pfund die Hälfte seines Werts; die Inflation stieg auf mehr als 30 Prozent. Bei vielen Ägyptern ist die Urlaubskasse in diesem Jahr leer.
Hotelaufenthalt im Schnitt: vier Tage
«Einen Hotelaufenthalt buchen ägyptische Familien im Durchschnitt für vier Tage», sagt Rauf Louis, 46, Chef einer Reiseagentur. Er organisiert Urlaub für Ausländer in Ägypten, aber auch Aufenthalte für Ägypter.
Kommen die Ausländer überwiegend im Winter, ist für Ägypter im Sommer Saison. So hat er immer etwas zu tun – allerdings nicht genug für seinen Geschmack. «Früher haben die Leute eine Woche gebucht», sagt er, «das können sich viele jetzt nicht mehr leisten.»
Rotes Meer statt Mittelmeer
Wer genug Geld habe, versuche lieber zwei Mal für vier Tage ein Schnäppchen zu finden. Und Auslandsreisen seien nur noch für wirklich Wohlhabende erschwinglich, sagt Raouf Louis.
Reisten die Ägypter früher an die Nordküste, wie die Strände am Mittelmeer hier heissen, bevorzugen sie jetzt die Hotelanlagen am Roten Meer und auf dem Sinai.
Weil weniger Ausländer kommen, gibt es dort gute Angebote. Ohnehin zahlen Ägypter wesentlich günstigere Tarife. Dort ist es zwar wesentlich heisser, am kühleren Mittelmeer aber versauen kaufkräftige Touristen aus den Golfstaaten im Sommer die Preise.
Hauptsache Wasserpark
Kriterium Nummer eins für Familien: ein Wasserpark mit möglichst vielen Rutschen. Ein All-inclusive-Angebot und gutes Essen folgen auf den Plätzen zwei und drei. Für die Anreise wählen die meisten inzwischen das eigene Auto, um die Flugtickets zu sparen. Wenn es für ein Hotel nicht mehr reicht, mieten manche Ägypter etwa in Alexandria billige Apartments und gehen an den überfüllten öffentlichen Strand.
Angestellte in der Privatwirtschaft haben ohnehin nur zwei Wochen Urlaub in den ersten zehn Berufsjahren; bis zur Rente steigt der Anspruch auf vier bis sechs Wochen. Dazu kommen etwa 15 Feiertage pro Jahr. Manche Betriebe bezuschussen Urlaub für ihre Mitarbeiter oder unterhalten eigene Ferienanlagen.
Planschen am Pool
Viele Ägypter, gerade aus dem Raum Kairo, haben aber Ferienwohnungen an der Nordküste. Dort verbringt die Familie den Sommer. Der Vater, der arbeiten muss, stösst von Donnerstagnachmittag bis Samstag dazu.
Wer in der Stadt bleiben muss, geht in seinen Club, dem Zentrum des sozialen Lebens in vielen Stadtvierteln. Hier hängen die Ägypter ab, wann immer es geht. In den meisten Clubs gibt es Pools. Für alles andere als Plantschen ist es ohnehin zu heiss.