Die Schnäppchenjagd ist eröffnet: Am Freitag findet wieder der Black Friday statt, an dem sich Detailhändler mit Lockangeboten gegenseitig unterbieten und uns zu Impulskäufen animieren. Ursprünglich stammt der Black Friday aus den USA – hat aber schon lange in der Schweiz Einzug gehalten.
Aber an wen richten sich diese Schnäppchen-Angebote überhaupt und wie wirken sie sich auf den Konsum aus? Gianluca Scheidegger schaut genauer auf das Einkaufsverhalten der Schweizerinnen und Schweizer.
SRF: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Schnäppchentage in den letzten Jahren in der Schweiz?
Gianluca Scheidegger: Der Black Friday ist definitiv in der Schweiz angekommen. Wir sehen aber auch, dass nach dem rasanten Umsatzanstieg der letzten Jahre der Umsatz 2022 tiefer war als im Vorjahr. Die Leute haben also weniger ausgegeben am Black Friday.
Sie stellen also ein rückläufiges Interesse fest. Überrascht Sie diese Entwicklung?
Vor dem Hintergrund der aktuellen Konsumentenstimmung überrascht das nicht. Befragungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigen, dass für viele Konsumentinnen und Konsumenten aktuell nicht der Zeitpunkt für grössere Anschaffungen ist.
Trotzdem gibt es viele Menschen, die am Black Friday einkaufen. Welches Konsumverhalten zeigen sie?
Der Black Friday wird medial und in der Werbung aufgebauscht, sodass viele Angst haben, etwas zu verpassen, wenn sie an diesem Tag nicht zumindest das Angebot bei den Händlern abchecken. Es wird mit der Angst gespielt, etwas zu verpassen.
Spricht der Black Friday vor allem Menschen mit tiefem Einkommen an, die sich teure Produkte an normalen Tagen nicht leisten können?
Ich glaube, der Black Friday spricht fast alle Gesellschaftsschichten an. Natürlich ist es für Leute mit einem geringeren Budget umso relevanter, wie teuer das Produkt ist. Deshalb suchen sie das ganze Jahr über nach den günstigsten Preisen. Gleichzeitig sehen wir, dass Handelsunternehmen aus verschiedenen Preissegmenten mitmachen – sowohl Luxushändler als auch Discounter. So werden auch verschiedene Gesellschaftsschichten angesprochen.
An solchen Schnäppchentagen kaufen wir als Konsumenten meist mehr, als wir eigentlich wollen. Welche Rolle spielen Impulskäufe?
Darauf spekulieren die Handelsunternehmen. Gewinne werden am Black Friday vermutlich vor allem mit solchen Impulskäufen erzielt. Bedarfseinkäufe hingegen werden an anderen Tagen erledigt. Wir sehen in unserer Studie, dass ein Grossteil der Schweizerinnen und Schweizer nur dann einkaufen geht, wenn Bedarf besteht.
Welche Entwicklung erwarten Sie für die kommenden Jahre?
Wir haben in unserer Studie die Menschen in der Schweiz auch gefragt, wie viel Zeit sie in Zukunft mit Einkaufen verbringen möchten. Und wir sehen, dass sie generell ihren Konsum reduzieren möchten. Indem sie zum Beispiel versuchen, ihre Produkte möglichst lange zu nutzen oder Produkte, die defekt sind, wieder reparieren zu lassen. Viele Schweizerinnen und Schweizer haben gemerkt, dass sie genug besitzen. Eine Studie des WWF zeigt zum Beispiel, dass wir in der Schweiz im Durchschnitt 118 Kleidungsstücke im Kleiderschrank haben, aber nur 60 Prozent davon regelmässig tragen. Es wird also extrem viel eingekauft, das schliesslich gar nicht genutzt wird.
Das Gespräch führte Bodo Frick.