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Wieso sich Eltern bei Erziehungsfragen mehr entspannen sollten
Aus Kultur-Aktualität vom 23.07.2024. Bild: IMAGO / YAY Images
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Experten raten zu Gelassenheit Wieso sich Eltern bei Erziehungsfragen mehr entspannen sollten

Geht es um Erziehungsfragen, scheiden sich bekanntlich die Geister. Das neue Buch «Kindheit. Eine Beruhigung», verfasst von einer Expertinnengruppe um Kinderarzt Oskar Jenni, soll besorgte Eltern besänftigen.

Kindererziehung und Elternsein: Dafür gibt so viele Ratgeber wie noch nie. Dennoch fühlen sich viele Eltern überfordert. Ist mein Kind normal, braucht es mehr Förderung? Was müssen wir noch tun, damit wir es richtig machen?

Elf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Bereichen Pädiatrie, Pädagogik, Philosophie und Psychologie haben sich in einem Thinktank zusammengetan, um Antworten zu finden: «Kindheit. Eine Beruhigung» heisst das Buch, das aus dieser intensiven Zusammenarbeit entstanden ist.

Ruhige Eltern, ruhige Kinder

Das Buch soll die Debatten versachlichen und dadurch die Eltern beruhigen. Denn wenn die Eltern entspannter sind, seien es auch die Kinder. So lautet, verkürzt gesagt, die Botschaft des Buches.

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Der Philosoph Holger Baumann hat an diesem Buch mitgearbeitet: «Eltern fühlen sich mit der Kindererziehung manchmal alleingelassen. Gleichzeitig haben sie mehr Ressourcen und mehr Zeit, was zu einem stärkeren Bewusstsein für Probleme der Kinder führt.»

Dieses Bewusstsein werde dadurch verstärkt, dass sich viele Eltern schon sehr früh fragen: Ist mein Kind normal in seiner Entwicklung? «Eltern wollen für ihre Kinder, dass sie möglichst gute Chancen in der Zukunft haben. Gleichzeitig sollen sie aber eine sorgenfreie Kindheit geniessen können», sagt Baumann.

Kind ist nicht gleich Kind

Dieses Spannungsfeld zwischen «Wovon brauchen Kinder mehr?» und «Wovon brauchen sie vielleicht weniger?» lotet das Buch aus. Es gibt acht Kapitel, die auf unterschiedliche Fragen eingehen: Welchen Stellenwert räumen wir als Gesellschaft der Kindheit ein? Betrachten wir die Phase als eine Art Vorstufe hin zu einem glücklicheren Erwachsenenleben? Oder: Woran liegt es, dass immer mehr Entwicklungsstörungen bei Kindern diagnostiziert werden?

Das Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern rund um den Kinderarzt Oskar Jenni kommt zu folgender Erkenntnis: «Wenn sich Eltern die ganze Zeit fragen, ob ihr Kind im richtigen Moment auf dem richtigen Stand ist, ist das problematisch. Dadurch werden viel zu viele Kinder pathologisiert», erklärt Holger Baumann. Oftmals seien es einfach Variationen in der Entwicklung.

Kindheit ist eine gesellschaftliche Aufgabe

Dass besonders zappelige und lebhafte Kinder mit einer ADHS-Diagnose gelabelt werden oder Kindern, die nicht schnell genug lesen lernen, eine Lese-Rechtschreibschwäche attestiert wird, hat durchaus seine Gründe: «Die Abklärungen sind nicht dazu da, möglichst viele Kinder zu pathologisieren. Sie sollen dafür sorgen, dass die besonders verletzlichen Kinder, die wirklich Entwicklungsstörungen haben, möglichst früh aufgefangen und gefördert werden», sagt Holger Baumann.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lassen sich in dem Buch nicht zu pauschalen und einfachen Antworten hinreissen. Stattdessen schlägt sich die Vielstimmigkeit des Thinktanks auch im Buch nieder. In einem sind sich alle einig: Kindererziehung ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die alle betrifft. Das allein den Eltern anzulasten, führe zu Überforderung und werde auch dem Stellenwert von Kindern nicht gerecht.

Buchhinweis

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Oskar Jenni (Hg.): «Kindheit. Eine Beruhigung». Kein & Aber, 2024.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 23.7.2024, 17:20 Uhr ; 

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