Achterbahnen, Piratenwelten, Popcorn und Zuckerwatte – und mittendrin eine Kirche. Die norwegische Stabkirche steht im Europapark in der Themenwelt Skandinavien: eine Oase der Stille mitten im Trubel.
Die Kirche erinnert an ein Schiff. Ihre Dachgiebel zieren Drachenköpfe im Wikingerstil. Der Innenraum strahlt Wärme aus, die Wände sind mit Ikonen bemalt. Die Holzkirche ist der Arbeitsort von Diakonin Andrea Ziegler von der Evangelischen Landeskirche Baden. Gemeinsam mit ihrem römisch-katholischen Kollegen Thomas Schneeberger ist sie für die «Kirche im Europapark» zuständig. Letztes Jahr haben die beiden 115 Taufen, Hochzeiten und Ehejubiläen im Freizeitpark gefeiert.
Zweite Heimat Freizeitpark
Mit ihren Angeboten erreichen die Seelsorger vor allem Gäste, die in einem der Hotels im Park übernachten oder immer wieder in den Europapark kommen. «Gäste, die hier ihre zweite Heimat haben», meint Andrea Ziegler. Wer nur einen Tag im Europapark verbringt, nehme das Engagement der Kirchen kaum wahr.
Etwa sechs Millionen Menschen besuchen jedes Jahr den Europapark, rund ein Viertel davon aus der Schweiz. Die Seelsorgenden sind auch für die Angestellten im Park da. Je nach Saison arbeiten bis zu 5'000 Menschen hier.
Der Park feiert 2025 seinen 50. Geburtstag. Er ist bis heute in Familienbesitz. «Alle Macks sind religiös, alle Macks sind getauft», sagt Roland Mack, Mitbegründer des Europaparks und bis heute aktiv im Geschäft. Roland Mack ist katholisch aufgewachsen. Der Glaube gibt ihm «Halt, Richtung und Orientierung».
Wie die Religion in den Europapark kommt
Die Kirchen haben vor 20 Jahren die Initiative ergriffen. Sie wollten Seelsorge dort anbieten, wo die Menschen sind. Zuerst fragte die evangelische Kirche an, die katholische folgte auf dem Fuss. Konkurrenz belebt das Geschäft. Angebote für Menschen nicht-christlicher Religionen gibt es derzeit im Europapark nicht.
Viele Besucher suchen hier den Adrenalinkick. Kirchen zwischen Achterbahn und Pommesbude, ist das nicht ein Widerspruch? «Kirche im Europapark ist ein Spagat», sagt Roland Mack und fügt hinzu: «Viele bringen Sorgen mit, die sie an einem solchen Tag auch loswerden wollen.»
Gesegnete Bahnen
Alle Attraktionen, Bahnen und Themenwelten sind von einem christlichen Seelsorger gesegnet. Roland Mack kontert Kritik daran jeweils: «Wir transportieren ja keine Sandsäcke, sondern Menschen.» Gleichwohl gibt es Zwischenfälle und Unfälle, 2018 gar einen Grossbrand.
Ernst Heller, ein Urgestein der Zirkus- und Schausteller-Seelsorge und langjähriger Hausseelsorger der Familie Mack, weiss, was die Menschen hier suchen: «Halligalli und Vergnügen.» Da sieht er keinen Widerspruch zum Engagement der Kirchen: «Die Religion und die Frohbotschaft sollen auch Vergnügen und Halligalli sein. Der Glaube soll die Menschen erfreuen und ihr Herz berühren.» Sein Mantra: Den Menschen Freude bereiten, den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Das passt zum Programm des Europaparks.