Veganes Essen ist im Trend. Wer heute ein neues Restaurant eröffnet, kommt kaum mehr um die pflanzliche Küche herum. Auch die Kochbücher tendieren zu pflanzlichen Gerichten, denn die klassische Fleischküche à la Paul Bocuse war gestern.
Hochkonjunktur hat, was pflanzlich auf den Teller kommt – noch besser, wenn es aus einer jahrhundertealten Tradition stammt.
Tempelküche aus den Bergen Koreas
Eine dieser alten Traditionen bringt Jeongkwan Snim mit. Sie ist eine Nonne aus einem Kloster 300 Kilometer südlich von Seoul. Dort kocht sie meist nur für eine Handvoll Nonnen und Mönche, und das seit 40 Jahren.
Zen-Buddhismus und Essen: Diese Kombination begeistert nun auch den Westen. Starköche aus aller Welt reisen in die Berge Südkoreas, um sich von der Nonne beraten zu lassen.
Authentischer geht kaum. Weit weg von der Zivilisation, zurückgezogen und nah an der Natur, kocht sie weder für ein Restaurant noch für eine auserlesene Klientel. Dabei verwendet sie vor allem Gemüse, das sie selbst anbaut und verarbeitet.
Eine Nonne wird Netflix-Star
Bekannt gemacht hat sie ein New Yorker Drei-Sterne-Koch, der sie einmal besuchte. Daraufhin wurde Netflix auf sie aufmerksam und porträtierte sie in der Fernsehserie «Chef's Table» als eine der interessantesten Köchinnen weltweit.
Seither ist sie immer öfter auf Besuch in den Metropolen dieser Welt. Mit dabei ihre Zutaten aus dem Klostergarten: Wurzelgemüse, Rettich, Aubergine, Kohl und Kimchi. Es ist vor allem ihre Art, mit den Zutaten umzugehen, die sie als Köchin ausmacht.
Die essenzielle Zutat: Zeit
«Ich bin die Zutat, und die Zutat bin ich», sagt Jeongkwan Snim. Nur wenn ihre Energie, die sie den Zutaten zuführt, die richtige ist, kann das Kochen gelingen, meint die buddhistische Nonne.
Eine der wichtigen Formen der Energie, die sie den Zutaten zufügt, ist die Fermentation. In der Tempelküche Koreas hat das Fermentieren von Gemüse einen hohen Stellenwert. Jeongkwan Snim setzt teilweise Saucen und Pasten an, die Jahre bis Jahrzehnte lang in Töpfen vor sich hin gären und so dem Gemüse eine spezielle Energie und einen aussergewöhnlichen Geschmack verleihen.
Das Ganze verfeinert sie mit saftigen Pilzen, Bambus, Chili, Reissirup und jeder Menge Kräuter. Der Faktor Zeit spielt, wer hätte es anders gedacht, eine grosse Rolle. Denn nur mit der Dauer können Früchte wachsen und Saucen reifen.
Erstes Kochbuch in der Schweiz
«Ich wollte nie ein Kochbuch herausgeben», sagt Jeongkwan Snim. Weil sich ihre Rezepte immer wieder ändern würden. Sich festlegen auf eine bestimme Prozedur ist nicht ihre Sache. Doch mit ihrer Popularität und ihrer gleichzeitigen Zurückgezogenheit als Nonne hat sie nun entschieden, ihr Wissen so weiterzugeben.
Ausgerechnet in der Schweiz ist sie beim Echtzeit Verlag fündig geworden. Das hat sicher auch mit der Journalistin Hoo Nam Seelmann zu tun, die eine gute Freundin ist und in der Schweiz lebt. Sie übersetzt alles und schreibt die Texte.
Noch ist das Buch in der Entstehungsphase, jedes Bild will die Köchin nochmals sehen: Vor allem das gezeigte Tempelleben muss genau stimmen, denn da gibt es klare Regeln. Auch das braucht Zeit. Das Kochbuch ist auf November 2023 geplant.