Worum geht’s? Taylor Swift, Beyoncé, Lady Gaga, Jennifer Lopez – das sind nur einige Künstlerinnen, die sich im US-Präsidentschaftswahlkampf für Kamala Harris eingesetzt haben. Nach der Niederlage nun die Frage: Welchen Einfluss haben Prominente auf die Wahlentscheidung?
Welche Wirkung hat prominente Unterstützung im Wahlkampf? «Kamala IS Brat!» – drei Worte von der Musikerin Charli XCX, die sich sekundenschnell im Netz ausgebreitet haben. Die Harris-Kampagne griff ihn auf. Ein Coup? «Stars erreichen vielleicht mit ihrem ersten Tweet nur ihre Fans», sagt Medienwissenschaftler Jörg-Uwe Nieland. «Die Aufmerksamkeit wird jedoch grösser, durch Retweets und Kommentare und dann, wenn die Promi-Auftritte in Medien oder persönlichen Gesprächen aufgegriffen werden.» Prominente Unterstützung könne das bürgerliche Engagement fördern und die Aufmerksamkeit für politische Themen steigern.
Wen erreichen diese Botschaften? Seth Abramovitch vom Hollywood Reporter meint, Harris' prominente Unterstützerinnen hätten keine grosse Wirkung gehabt, da sie nur ein ohnehin schon Harris-freundliches Publikum (schwarz, weiblich, liberal, queer) erreichten. Swifts Engagement mag eine Ausnahme sein, da sie auch konservativere Fans hat. Doch zwei bei dieser Wahl entscheidende Gruppen konnte auch sie laut Guardian nicht erreichen: Latinos und Afroamerikaner.
Welchen Einfluss können Stars auf Wahlentscheidungen haben? Eine Harvard-Studie zeigt, dass prominente Kampagnen zu mehr bürgerlichem Engagement führen können. So wurde die Wählerregistrierung durch Prominente wie Swift oder Beyoncé gefördert – die Website vote.gov verzeichnete nach Swifts «Katzenlady»-Post über 400'000 Besucher. Laut Studie fördern Prominente zwar Engagement, aber beeinflussen nicht direkt die Wahlentscheidung.
Gibt es Kritik am Engagement in der Popkultur? Prominente sind oft weit vom Alltag ihrer Anhänger entfernt. Republikanische Politiker heben dies hervor und stellen «Hollywood-Eliten» bewusst den «Durchschnittsbürgern» gegenüber. Diese Gegenüberstellung griff die deutsche AfD-Politikerin Alice Weidel kurz nach dem Wahlentscheid auf der Plattform X auf: «Nicht das woke Hollywood hat diese Wahl entschieden, sondern die arbeitende amerikanische Bevölkerung». Nieland meint: «Es wäre an den Künstlern und Politikerinnen, offenzulegen, was das für ein Quatsch ist. Aber es wird vermutlich keine breite Diskussion geben.» Das sei vermutlich auch ein Problem in Kamala Harris' Wahlkampf gewesen. Über «Wokeness» von Künstlerinnen sei vor allem in den Sozialen Medien und auf Fox gesprochen worden. Diese Abschottung verstärke eine polarisierende Berichterstattung.
Wer macht Werbung für wen? Fällt die Strategie der Stars tatsächlich auf fruchtbaren Boden? Oder sind prominente Statements vor allem Eigenwerbung? «Kampagnenunterstützung dient oft dem Ruhm des Promis selbst, nicht dem Kandidaten», schreibt Laurence F. Maslon, Kunstprofessor an der NYU im «Guardian». Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass Promi-Unterstützung Harris geschadet hat – ohne sie hätte sie womöglich noch schlechter abgeschnitten. «Es nützt Stars und Politikern», meint Medienwissenschaftler Nieland. Eigenmarketing der Stars sehe er nicht im Vordergrund: «Es kann Stars auch schaden, wenn Fans wie bei Taylor Swift ihre politische Haltung ablehnen und keine Platten mehr kaufen.»