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Wie viel Hund braucht der Mensch?
Aus Kontext vom 09.07.2024. Bild: Colourbox
abspielen. Laufzeit 27 Minuten 53 Sekunden.

Welttag des Hundes Hunde am Arbeitsplatz: Wau oder mau?

Bürohunde sollen Stress reduzieren und Leistung steigern. Tierisch toll? Über ein zwiespältiges Verhältnis zu den Vierbeinern.

Danja Nüesch

Kulturredaktorin

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Danja Nüesch ist Kulturredaktorin. Haustiere hat sie (noch) keine, dafür zwei Kinder.

Gleich vorweg: Hunde lassen mein Herz nicht höher schlagen. Zumindest nicht im übertragenen Sinne. Wenn ich Hunden beim Joggen oder beim Spazieren begegne, ist mein erster Gedanke: Hoffentlich beisst mich der Köter nicht ins Bein!

Hundehalter – auch Hündeler genannt – beruhigen mich dann stets – und immer gleich: «Er beisst nicht. Er ist ganz lieb.» Intuition? Erfahrung? Telepathie? Hündeler müssen’s wohl wissen. Aber was, wenn er gerade mich nicht riechen mag?

Hunde gibt es seit geraumer Zeit auch in unserem Büro in Basel. Der erste war ein Blindenführhund. Keine Frage, war er willkommen. Er hat ja eine wichtige Funktion. Mittlerweile ist der Hund in Pension – und immer noch da. Es scheint ihm auf unserem Stockwerk zu gefallen. Ein Labrador mit goldenem Fell, der meist im giftgrünen Nestchen neben seiner neuen Herrin schläft.

Seit die Hunde da sind, herrscht zuweilen ein anderer, netterer Ton.

Noch ein Hund kam vor kurzem dazu: eine kleine, struppige, schwarze Fellnase, die grossen Durst hat. Und zuletzt traute ich meinen müden Augen nicht, als in einem Radio-Studio ein Stoffhund in Lebensgrösse hockte: ein stiller Hüter des guten Umgangstons?

Auch wenn – das weiss ich aus Gesprächen im Gang – längst nicht alle hinter der Präsenz der Vierbeiner stehen: Seit die Hunde da sind, herrscht zuweilen ein anderer, netterer Ton. Im Newsroom, wo die Diskussion der Hochkultur für ernste Mienen sorgt, ertönen nun sehr hohe, ja sanfte Töne. Babysprache würde man’s nennen, wenn sie sich nicht an Haustiere wenden würde.

Ein bisschen Streicheln – und die Deadline ist schon ein bisschen weniger bedrohlich.

«Ohhh, du Feiner!», «So ein Lieber, gut gemacht!»: Meist tummeln sich mehrere Mitarbeitende um die Tiere: Die Hunde-Connection – sie scheint zu funktionieren. Und ist sicher auch gut fürs Budget: Da braucht es keine Ausflüge mehr fürs «Teambuilding».

Fakt ist: Büro-Hunde haben viele Vorteile. Es gibt Studien, die zeigen, dass Hunde Stress reduzieren können. Eine Streicheleinheit – und die Deadline ist schon ein bisschen weniger bedrohlich. Und Hunde sollen auch für mehr Leistung sorgen: Wer in der Pause kurz mit dem Hund Gassi geht, kommt produktiver zurück. Denn ein wenig Bewegung tut auch dem Geiste gut.

Hunde sind die fleischgewordene Ruhe im oft hektischen Alltag.

Bürohund als Produktivitätssteigerer? Mag sicher sein. Ich mag meine These, die auf keiner Studie beruht, lieber: Hunde müssen keine Mails beantworten, haben keine Sitzungen. Sie hocken einfach da und schnaufen. Sie sind die fleischgewordene Ruhe im oft hektischen Alltag. Nichts tun – einfach tierisch schön! Hunde erinnern uns daran – und das tut uns Menschen gut.

Kürzlich hat eine mir sehr liebe Kollegin in einer Teamsitzung einen Hund angekündigt. Ein schwarzer Schnauzer soll bald zu uns stossen. Wer dagegen ist, darf sich bei ihr melden. Denn ohne Konsens darf kein Hund im Hause weilen.

Natürlich wird die Hundeskeptikerin in mir schweigen. Vielleicht werde ich den Hund auch mögen. Beste Freunde werden wir wohl aber nicht werden.

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SRF 1, 5.10.2024, 15:50 Uhr

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