Ende der 1950er-Jahre herrschte Aufbruchstimmung: Während frühe Science-Fiction-Pioniere noch von der Mondlandung träumten, wird die Eroberung des Weltalls im «Space Age» Realität.
Und: Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und dem technologischen Fortschritt der Fünfzigerjahre wächst auch das Interesse an modernem, «spacigem» Mobiliar.
1963 entwirft Eero Aarnio seinen «Ball Chair» – einen Sessel, der an eine Raumkapsel erinnert. Zeitgleich studiert der dänische Architekt Verner Panton die Wirkung von Farben und erschafft mit seinen «Fantasy Landscape»-Entwürfen völlig neuartige Wohnlandschaften.
Mit seinem «Panton Chair» bringt Verner Panton dann den ersten aus einem Stück gefertigten Vollkunststoff-Freischwingerstuhl auf den Markt. Design und Technologie gehen jetzt Hand in Hand. Und die Konsumgesellschaft lässt sich gern verführen.
«Das Design im Space Age ist bunt und poppig und zeichnet sich durch organisch runde Formen aus. Dank der neuen Kunstfasern lassen sich elastische Materialien herstellen. Das war vorher überhaupt nicht denkbar», so Susanne Graner, Kuratorin der Ausstellung «Vom Space Age zum Metaverse» im Vitra Schaudepot.
Ein Leben wie im Raumschiff
Der Sprung ins All beeinflusst nicht nur Kino, Mode und Popkultur, sondern auch den Zeitgeist, und damit das Design. Als der Wettlauf um die Eroberung des Mondes seinen Höhepunkt erreicht, will man auch auf der Erde leben wie im Raumschiff.
«Wir haben gemerkt, dass sich Science-Fiction und Design immer gegenseitig beeinflusst haben. Das sehen wir allein bei den Namen. Im Design tauchen Bezeichnungen wie Komet oder Galaxy auf. Allein daran sieht man, dass auch das Science-Fiction-Genre das Design beeinflusst hat. Andererseits finden wir in vielen Science-Fiction-Filmen Designklassiker, die den futuristischen Zeitgeist verkörpern.»
Prominente Beispiele: Der geschwungene «Ribbon Chair» von Pierre Paulin wirkte so spacig, dass in der TV-Weltraumsaga «Star Trek» Mr. Spock darin Platz nahm.
Vom Space Age zum Metaverse
Was früher das Weltall war, ist heute das Metaverse: ein neuer Raum für Projektionen und Experimente, eine Spielwiese für junge Designschaffende. Der in Barcelona lebende Künstler Andrés Reisinger ist einer von ihnen.
Mit seiner digitalen Kunst lässt er nicht nur Möbel, sondern ganze Strassenzüge entstehen: Nahezu perfekt inszenierte Traumlandschaften spielen mit Illusion und Wirklichkeit. Im Vitra Schaudepot sind gleich mehrere seiner aktuellen Arbeiten ausgestellt.
Wie die Designer im «Space Age» weckt auch Andrés Reisinger mit seiner Kunst Begehrlichkeiten: Der «Hortensia Chair» ist gefragt und lässt sich mittlerweile in verschiedensten Ausführungen kaufen, analog sowie digital.
Damit macht die Schau deutlich: Fantasie und Design beflügeln sich gegenseitig – damals und heute. Und manchmal ist das Geschäft mit der Illusion sogar lukrativ.