Die Webdokumentation «Dada-Data» besteht aus einem Anti-Museum, eine Installation und sechs Hacktionen, die über fünf Wochen hinweg stattfinden – einige davon finden auch im Cabaret Voltaire statt. Dem Geburtsort von Dada.
Doch zunächst: Was bedeutet eigentlich Hacktion, Anita Hugi?
Anita Hugi: Das Wort Hacktion ist eine Mischung aus Hacken und Aktion. Eine Hacktion ist somit eine Einladung etwas zu tun, auf die Bühne zu gehen. Die Bühne ist in diesem Fall eine Webseite.
Hacktion #1 Dada-Block
Die Hacktion #1 heisst «Dada-Block». Darin stellen Sie den Usern eine Applikation zu Verfügung, die Werbung im Internet mit Dada-Kunst ersetzt. Was ist die Idee dahinter?
Anita Hugi: Ich vergleiche den «Dada-Block» manchmal mit Strassenkunst. Denn was bewirkt Strassenkunst? Sie bringt uns zum Schmunzeln, inspiriert oder provoziert. Wir verbringend rund acht Stunden am Tag vor dem Computer, surfen durch digitale Strassen und machen auf vielen Webseiten halt. Unseren Augen, unserem Hirn während dieser Zeit vor dem Computer andere Impulse zu geben macht Spass. Genau das haben, meiner Meinung nach, auch die Dadas beherrscht. Sie haben uns zum Nachdenken und zum Lachen angeregt. Sie haben uns animiert, über unseren Tellerrand hinaus zu schauen.
David Dufresne: Dada hat früh verstanden, wie wirkungsvoll Werbung ist. Im «Dada-Block» ersetzen wir die Werbebilder durch unsere Bilder – durch die der Dadas. Es geht aber nicht nur um das Ersetzen. Es geht um die Rolle von Onlinewerbung. Onlinewerbung spioniert uns aus. Die Firmen dahinter wissen alles über uns, sie wissen, was uns interessiert, wie oft wir auf verschiedenen Webseiten sind. «Dada-Block» ist unser Weg «Nein» dazu zu sagen.
Gegen die Datenkrake wehren sich die wenigsten User. Obwohl vielen wohl klar ist, dass sie ständig unter Beobachtung stehen. Oder?
David Dufresne: Die Mehrheit der Bevölkerung weiss wenig darüber. Die Aufgabe unseres Projekts sehe ich genau hier: Anreize schaffen, über unser Leben nachzudenken und die Debatte darüber anzuregen.
Die Hacktion # 2: Kunst aus dem 3D-Drucker
Die Hacktion # 2 heisst «Connected Readymade». Sie findet online und im Cabaret Voltaire statt. Wie funktioniert diese Aktion?
David Dufresne: Wir wollen mit «Connected Readymade» darauf hinweisen, dass es zur Zeit eine industrielle Revolution gibt, die genauso nachhaltig ist wie die künstlerische Revolution der Dadaisten. Es ist die Zeit der Do-it-yourself-Kultur, die industrielle Züge aufweist. Mit dem 3D-Drucker kann man alles herstellen, auch Schokolade. Da entsteht eine Kultur der Vermarktung, die das Handwerkliche immer mehr aus dem Zentrum rückt. Das trifft zumindest auf den 3D-Druck zu.
Bei «Connected Readymade» werden jeden Tag drei Dada-Objekte gedruckt, die unter allen registrierten Userinnen anschliessend verlost werden. Man kann also eine Reproduktion des Urinals von Duchamp, des Dada-Kopfs von Sophie Täuber-Arp oder des Bügeleisens von Man Ray gewinnen. Der Gewinn wird in einer schönen Box nach Hause geschickt.
Noch wichtiger ist jedoch: Man kann bei der Entstehung dieser Objekte, dieser Revolution live zuschauen – zu Hause auf «Dada-Data» oder im Cabaret Voltaire. Damit zeigen wir. Es ist an uns, dass ein lokaler und globaler Prozess zugleich stattfindet. Sie können zuschauen und mitdiskutieren, egal wo sie wohnen.
Sie verlangen eine grosse Auseinandersetzung von den Userinnen.
David Dufresne: Ja, «Dada-Data» ist Erlebnis und Experiment zugleich. Wir geben den Usern viel. Aber der User muss auch innovativ sein: in seinem Empfinden und seinem Verstehen. Wenn man sich nicht richtig involviert, macht es keinen Spass.