Als Christoph Schäublin, Präsident des Stiftungsrates des Kunstmuseums Bern, im letzten November in Berlin die Annahme des Gurlitt-Erbes verkündete, unterschrieb er eine Vereinbarung mit dem Deutschen Staat. Er wusste auch, dass Uta Werner – Cornelius Gurlitts Cousine – das Testament anfechten wollte. Sie bezweifelt nämlich die Urteilsfähigkeit (die sogenannte Testierfähigkeit) ihres Cousins Cornelius. Die Sammlung ihres Onkels Hildebrand Gurlitt ist in ihren Augen deutsches Kulturgut.
Vermutlich mit Raubkunst bestückt
Tatsächlich hat die Sammlung mit deutscher Geschichte zu tun, war Hildebrand Gurlitt – Cornelius Gurlitts Vater – doch einer der grossen Kunsthändler im Nazi-Deutschland. Dass die Sammlung bestückt ist mit Raubkunst, ist anzunehmen.
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Auf Anfrage von Radio SRF 2 Kultur bestätigt das Nachlassgericht in München, dass Uta Werner einen Erbschein beantragt habe. Aber, so die Pressesprecherin Monika Andress – das sei bloss ein formloser Antrag gewesen.
Der Antrag der Cousine steht noch aus
«Im vorliegenden Fall ist ja allgemein bekannt, dass Zweifel geäussert wurden über die Testierfähigkeit und damit auch Zweifel über die Erbenstellung. Deswegen ist es die Aufgabe des Gerichts, einen förmlichen Erbschaftsantrag herbeizuführen.»
Und förmlich heisst: Das Gericht braucht eine eidesstattliche Versicherung. Das sind eine Menge Papiere unter anderem mit Stammbaum und Gutachten.
Entscheid fällt im Herbst
Weiterhin sagt Monika Andress vom Nachlassgericht München: «Offensichtlich überlegt sich Uta Werner dies. Denn die Akten wurden angefordert und sind jetzt ausser Hauses. Sie sind noch nicht wieder zurückgekommen, so dass ich keine Auskunft darüber geben kann, was der Verfahrensstand jetzt genau ist.»
Ob die 86-jährige Uta Werner einen korrekten Antrag stellen wird? Ja, meint ihr Sprecher Thomas Pfaff nach langem Hin und Her – Ende Februar oder Anfang März. Das wiederum bedeutet, dass die zuständige Richterin in München ihren Entscheid, wer der rechtmässige Erbe der Gurlitt-Sammlung ist, voraussichtlich erst im Herbst 2015 fällen wird. Also ein halbes Jahr später als erwartet.
Bern zeigt sich siegessicher
Der Fall Gurlitt strapaziert in Bern Christoph Schäublins Nerven: «Ich hoffe, dass die Sache sich nicht ewig hinziehen wird. Ärgerlich ist sie schon.» Denn der Präsident des Stiftungsrates des Kunstmuseums Bern hat in Berlin auch versprochen, dass das Kunstmuseum mit der Annahme der Gurlitt-Sammlung eine eigene Forschungsstelle aufbaut. Eine Forschungsstelle, die das deutsche Expertengremium von Provenienzforschern, die sogenannte Taskforce, ergänzen soll.
Nächste Woche will Schäublin – trotz Rechtsunsicherheit – dem Stiftungsrat einen Vorschlag für eine Forschungsstelle präsentieren: «Wenn wir nicht sicher wären, dass die Anfechtung des Testaments hinfällig sein wird, würden wir das nicht tun.»
Die Annahme des Erbes von Cornelius Gurlitt, birgt für das Kunstmuseum Bern Risiken, aber beschert ihm auch viel Arbeit. Und die geht erst richtig los, wenn das Nachlassgericht das Kunstmuseum zum rechtmässigen Erben erklären sollte.