Das Zankobjekt: Der Parthenon-Fries – eine Reihe antiker Marmorskulpturen des Parthenon-Tempels der Akropolis, von denen sich ein Teil im British Museum befindet. Athen fordert sie zurück, London gibt sie nicht heraus. Die antiken Reliefs, auch als «Elgin Marbles» bekannt, zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie. Der damalige britische Botschafter im Osmanischen Reich, Lord Elgin, liess den Marmorfries ab 1801 von der Akropolis entfernen und verkaufte ihn an die britische Regierung.
Die Fronten: Verhärtet. Bereits seit 200 Jahren schwelt wegen des Parthenon-Fries ein Streit zwischen Griechen und Briten. Zuletzt eskalierte der Konflikt, als der britische Premierminister Rishi Sunak ein Treffen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis kurzfristig absagte. Letzterer hatte in einem Interview mit der BBC betont, dass die Kunstgegenstände in die Athener Akropolis gehören, woraufhin der britische Premier irritiert reagierte. Schliesslich habe man sich seit Generationen um die Marmorskulpturen gekümmert.
Der Klärungsversuch: Ein Tauschhandel. Das British Museum gibt den Parthenon-Fries zurück – im Gegenzug erhält Grossbritannien wichtige Kulturgüter Griechenlands als Dauerleihgabe. Die griechische Kulturministerin Lina Mendoni verspricht, die «Lücken» im British Museum adäquat aufzufüllen, falls die antiken Skulpturen nach Athen zurückgegeben werden. Diese Leihgaben, so die studierte Archäologin, würden sich als wahre Publikumsmagneten erweisen. Zumindest bringt Mendonis Vorschlag neue Bewegung in die seit Jahren verfahrene Debatte. Bisher hatte Grossbritannien alles abgeblockt.
Das Angebot: Seriös. Dass die Griechen überhaupt gewillt seien, sich auf ein Tauschgeschäft einzulassen, zeige welche zentrale Bedeutung das Land dem Parthenon-Fries beimesse, so Felix Uhlmann. Der Staatsrechtsprofessor hat sich mit dem Streit um die Marmorskulpturen auseinandergesetzt. Laut Uhlmann würden die versprochenen Leihwerke Griechenland sonst sicher nicht verlassen. «Ich denke, es ist ein ernsthaftes Bemühen Griechenlands, hier eine Lösung zu finden», so der Experte.
Die Erfolgsaussichten: Besser als gedacht. Felix Uhlmann hält den griechischen Vorschlag für klug. Er ist sich auch nicht sicher, ob die Position Grossbritanniens so festgefahren sei wie noch vor 20 Jahren. Der öffentliche Druck auf das Vereinigte Königreich habe in letzter Zeit stark zugenommen. «Ich könnte mir schon vorstellen, dass mindestens hinter den Kulissen Dinge geschehen, von denen wir noch nicht so viel wissen, die aber Hoffnung machen, dass in diesem Streit eine Lösung gefunden werden kann.» Zumindest die britische Befürchtung, dass die entsprechenden Säle dieses wichtigen Museums dann leer stehen würden, wäre ausgeräumt.
Die Alternativen: Grundsätzlich sei jede Lösung denkbar, so Uhlmann. Wenn man den Eindruck hat, dass das Ergebnis für beide Seiten annehmbar ist. Einen viel kleineren Präzedenzfall gäbe es zum Beispiel zwischen Zürich und St. Gallen, die sich um den so genannten St. Galler Globus stritten. In diesem Fall wurde nicht das Original, sondern eine sehr wertvolle Kopie nach St. Gallen zurückgegeben, zusammen mit vielen wertvollen Schriften. Dass die Positionen zwischen Grossbritannien und Griechenland allerdings so verhärtet seien, mache die Verhandlungen für beide Seiten schwierig.