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Kunsthistoriker Kilian Heck im Gespräch
Aus Kultur-Aktualität vom 30.11.2023. Bild: imago / AGB Photo
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Rückgabe von Kulturschätzen «Von symbolischer Bedeutung»: Skythengold zurück in der Ukraine

Eine unbezahlbare Sammlung archäologischer Schätze ist zurück in der Ukraine: rund 1000 Artefakte vom 2. Jahrhundert vor Christus bis ins späte Mittelalter. Darunter ist auch das sogenannte Skythengold. Kurz vor der russischen Besetzung der Krim im Jahr 2014 kamen diese Kulturgüter nach Amsterdam – als Leihgabe von vier Museen auf der Krim.

Kürzlich hat der Oberste Gerichtshof der Niederlande entschieden, dass diese Güter Teil des ukrainischen Kulturerbes sind – und folglich an die Ukraine zurückgehen müssen. Dies ist vor einigen Tagen geschehen. Ein wichtiger Akt für die Ukraine, meint Kunsthistoriker Kilian Heck.

Kilian Heck

Kunsthistoriker

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Kilian Heck (geb. 1968) ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Greifswald. Er gehört der Steuerungsgruppe der Nichtregierungsorganisation «Ukraine Art Aid Center» an.

SRF: Wie sicher sind diese Kulturgüter, die nun in die Ukraine zurückgeschickt wurden?

Kilian Heck: Ich würde sagen, sie sind sicher. Man ist in der Ukraine jetzt, anderthalb Jahre nach Beginn des russischen Angriffskrieges, durchaus in der Lage, bedeutende Kulturgüter in Depots unterzubringen, die als sicher gelten.

Für die grosse Menge der Kulturgüter ist dies nicht möglich – aber für besondere Objekte durchaus. So ist auch das Skythengold auf jeden Fall sicher.

Warum werden diese Kulturgüter gerade jetzt, noch während des Kriegs, in die Ukraine zurückkommen?

Es ist von symbolischer Bedeutung, dass das Skythengold jetzt auf das Staatsgebiet der Ukraine zurückkommt – und nicht auf die besetzte Krim, die natürlich völkerrechtlich ebenso ukrainisches Staatsgebiet ist. Damit wird demonstriert, dass es sich um ukrainisches Kulturgut handelt – dass also die Ukraine als Staat Eigentümer des Skythengoldes ist.

Warum sind gerade diese Kulturgüter von der Krim für die ukrainische Identität so wichtig?

Auf der Krim gibt es ungefähr 300 Museen oder museale Sammlungen. Diese sind seit 2014 illegal okkupiert, genauso wie das gesamte Gebiet der Krim. Daher sieht die Ukraine selbstverständlich all das, was sich an Kulturgut auf der Krim befindet oder befunden hat, als ihr Eigentum an.

Die Ukraine bedarf dieses Kulturgutes im Land, weil es ein identitätsstiftendes Moment für die gesamte Bevölkerung hat.

Dabei ist es extrem wichtig, dass sie dies auch beanspruchen kann – und es nicht in die Hände des Gegners kommt. Zumal seit Kriegsbeginn enorm viel ukrainisches Kulturgut seitens des russischen Angreifers geraubt und wahrscheinlich auf russisches Staatsgebiet gebracht worden ist.

Gerade deswegen ist es so wichtig, dass das Kulturgut, das die Ukraine als Eigentum beanspruchen kann, auch auf das Gebiet der Ukraine zurückkommt – in diesem Fall nach Kiew.

Wie kann ein Staat Kulturgüter schützen, während er bombardiert wird?

Das ist eine schwierige Angelegenheit. Es wurde in den vergangenen Wochen darüber diskutiert, ob man museales Kulturgut etwa über die Grenze nach Rumänien oder nach Polen bringen könnte, um es dort sicher aufzubewahren. Dies wird in der Ukraine sehr differenziert diskutiert.

Fazit: Die Ukraine bedarf dieses Kulturgutes im Land, weil es ein identitätsstiftendes Moment für die gesamte Bevölkerung hat. In dem Moment, wo man es in grossen Mengen ins Ausland geben würde, wäre das auch so etwas wie eine Aufgabe der kulturellen Identität.

Das Gespräch führte Raphael Zehnder.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 20.11.2023, 17:20 Uhr. ; 

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