Vor rund 150 Jahren malte Monet sein «Mohnblumenfeld». Ein Bild, das Betrachtende noch heute zum Träumen bringt. Sein jüdischer Besitzer Hans Erich Emden suchte 1941 einen Käufer und bot es Schweizer Sammlern an, zum Beispiel Oskar Reinhart.
«Für Herrn Reinhart war dieses Bild zu rot. Das war seine Begründung, es nicht zu kaufen», erklärt der Winterthurer Anwalt Olaf Osman. Er ist spezialisiert auf Kunstrecht und Restitution und vertritt die Erben von Emden.
Denn um das Bild wird gestritten: 1941 kaufte es der Waffenfabrikant Emil Bührle. Heute hängt es als Leihgabe der Bührle-Stiftung im Kunsthaus Zürich. Die Erben fordern das Bild seit Jahren zurück. Die Stiftung lehnt den Anspruch seit Jahren ab.
Verhärtete Positionen
«Es gab eine Aufarbeitung – wie es die Bührle-Stiftung nannte – im Haus, die 2012 dazu geführt hat, dass der Anspruch sang- und klanglos abgelehnt worden ist, weil es keine Raubkunst sein könne», meint Osman.
In der Auseinandersetzung versuchen beide Seiten, die Vermögenssituation von Hans Erich Emden 1941 zu klären. Wie reich war er, wie arm? War der bezahlte Bilderpreis angemessen oder zu tief? Musste er verkaufen, weil er vom NS-Regime verfolgt wurde? Die Situation, so sieht es zumindest der Anwalt der Erben, ist verfahren. Der Versuch der Klärung gescheitert.
Ein Paradebeispiel
Es scheint, als sei der Fall Emden ein Paradefall für die neue unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe. Der Bundesrat hat deren Gründung letzten Herbst beschlossen.
Derzeit knobelt das Parlament die konkrete Umsetzung aus. Der Ständerat hat die Vorlage in einem entscheidenden Punkt abgeändert: Neu soll die Kommission nur angerufen werden können, wenn beide Streitparteien zustimmen.
Für den Fall Emden ändere das alles, sagt der Anwalt der Erben. Dadurch wäre die Wahrscheinlichkeit, dass der Fall nie vor der Kommission lande, hoch. Die Bührle-Stiftung würde dem nicht zustimmen.
Probleme sind längst bekannt
Das Problem ist aus Deutschland längst bekannt: Seit 20 Jahren ist dort eine ähnliche Kommission bereits an der Arbeit. Auch sie kann nur angerufen werden, wenn beide Seiten zustimmen. «Ein kardinaler Konstruktionsfehler im System», sagt der Vorsitzende dieser Kommission, der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans Jürgen Papier.
Darum habe die deutsche Kommission bisher nur 23 Fälle behandel können. Nur in 23 Fällen hätte eine Zustimmung von beiden Seiten vorgelegen. Die deutsche Kommission empfahl darum dringend eine Reform. Das Ziel: In Zukunft müsse sie einseitig angerufen werden können.
Eine folgenreiche Entscheidung
Während Deutschland den Weg über Schiedsgerichte sucht, muss sich die Schweiz entscheiden. Entweder sie stellt sich derselben Problematik wie Deutschland: Wird dann jene Streitpartei, die die Kommission gar nicht anrufen wollte, die Empfehlung überhaupt akzeptieren? Oder sie geht den einfachen Weg: Mit einer Kommission, die nur dann aktiv wird, wenn beide Streitparteien zustimmen. In dem Fall könnte der jetzige Besitzer bestimmen, ob eine unabhängige Empfehlung überhaupt zustande kommt – oder eben nicht.