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Feministischer Comic Faulenzen, feiern, vögeln: «Fungirl» tut, was sie will

Unverschämt, vulgär, unerträglich ehrlich und wunderbar erfrischend – der Comic «Fungirl» von Elizabeth Pich sorgt international für Furore.

Fungirl kann ganz schön anstrengend sein: Wenn ihre Mitbewohnerin Becky mit ihrem Freund schläft, platzt Fungirl ins Schlafzimmer und kommentiert kritisch ihre Positionsspielchen.

Ein anderes Mal vergisst sie die Pizza im Backofen, löst einen Rauchalarm aus – mit Feuerwehreinsatz – und entschuldigt sich flapsig: Sie habe masturbiert und dabei die Pizza vergessen. Nicht gerade die feine Art.

Aber genau darin liegt der Charme von Fungirl: Sie tut und sagt, was ihr durch den Kopf geht, ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Konventionen, ohne Gespür für die Nuancen zwischenmenschlicher Beziehungen.

Feministin ohne Dogmen

Ihre Unabhängigkeit macht sie zu einer Art Feministin, auch wenn sie sich keinen Deut um Korrektheit schert.

In Fungirls Chaos spiegeln sich wichtige Themen wie Selbstakzeptanz, Gleichberechtigung, Männer- und Frauenbilder wider. Sie beschreibt sich selbst als «sehr männlich» und steht ausdrücklich auf «Sex ohne Gefühle». Menstruationsblut wird für sie zur Waffe, um männliche Idioten zu verjagen.

«Fungirl» begeistert ihre Fans

Seit einigen Jahren sorgt Fungirl für Furore bei einer wachsenden internationalen Fangemeinde. Buchausgaben erschienen seit 2021 in den USA, Frankreich und Italien – und erst jetzt auf Deutsch. Vermutlich schreckte Pichs kruder und provokativer Humor deutsche Verlage lange ab, bis die Zürcher Edition Moderne zugegriffen hat. Mit Erfolg: Die zweite Auflage ist bereits in Druck.

Eine junge Frau, Porträt (Elizabeth Pich)
Legende: Sie hat «Fungirl» erdacht und erzeichnet: die Comiczeichnerin Elizabeth Pich. Edition Moderne

Erschaffen hat die Figur die deutsch-amerikanische Zeichnerin Elizabeth Pich. Die 35-jährige Pich wurde in Deutschland geboren, wuchs in den USA auf, studierte an einer deutschen Kunsthochschule und lebt heute in Saarbrücken.

Plakative Bilder in Bonbon-Farbe

Pich überzeichnet Fungirls alltägliche Katastrophen gnadenlos. Sie bewegt sich in der Tradition anarchischer Underground-Comics und verknüpft diese mit der Unschuld des Alltagschaoten Gaston Lagaffe. Pichs Humor löst schallendes Lachen aus – und verbreitet gleichzeitig auch Unbehagen.

Buchhinweis

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Elizabeth Pich: «Fungirl». Aus dem Amerikanischen von Christoph Schuler. Edition Moderne, 2004.

Zeichnerisch zündet Pich ein wildes Feuerwerk: Sie beherrscht die Kunst der Reduktion auf klare Linien und plakative Bilder: Fungirl und ihre Komparsen sind stilisiert gezeichnet, sie haben Augen, aber weder Nase noch Mund – und doch wirken sie sehr lebendig, vor allem dank ihrer langen, elastischen Körper.

Auszug aus Comic «Fungirl» im Stil von Dalí.
Legende: Unerhört: Nicht einmal vor Dalí macht «Fungirl» Halt. Ihre Abgründe gehen mit dem bekannten Stil Hand in Hand. Elizabeth Pich / Edition Moderne

Die Farbpalette ist bonbon-bunt wie in alten Comic-Heften. Immer wieder stolpert Fungirl durch ikonische Szenen der Kunst- und der Comic-Geschichte: Sie taucht in Dali-Szenerien auf, entsteigt einer Muschel wie Botticellis «Venus»; sie reitet wild wie Calvin & Hobbes auf einem Spielwagen oder döst wie Snoopy auf einer Hundehütte.

Was mache ich mit meinem Leben

Keine Frage: «Fungirl» ist einer der lustigsten Comics der letzten Jahre. Und doch: Wie in allen echten Komödien lauert auch hier ein dunkler Schatten.

«Irgendwie beschäftigt es mich», sagt Fungirl einmal: «Ich meine, was mache ich überhaupt mit meinem Leben». Ausser: Faulenzen, saufen, vögeln. Das ist Fungirls Dilemma. Sie lebt sich ohne Einschränkung aus. Gleichzeitig möchte sie geliebt werden und ihrem Leben Sinn und Richtung geben. In ihrem Fall schliesst das eine das andere aus.

Genau diese unterschwellige Tragik macht den radikalen Humor in «Fungirl» so berührend.

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Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 11.06.2024, 17:40 Uhr.

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