Literaturtipp
War Opa doch ein Nazi? Debütroman über Familienabgründe: Die wohlsituierte Familie Schönwald muss sich ihrer Vergangenheit stellen: Plötzlich der Vorwurf, ihr Wohlstand komme hauptsächlich von Grossvater Schönwald, und der sei ein alter Nazi gewesen. Für die Schönwalds, die es nicht gewohnt sind, über ihre Probleme zu sprechen, eine Katastrophe. In der Folge bricht bei allen Familienmitgliedern noch sehr viel Anderes hervor, das sie bisher sorgsam vor ihren Verwandten verheimlicht hatten. Ein abgründiger deutscher Familienroman nach US-amerikanischem Vorbild, der einen beim Lesen immer tiefer ins Familiengestrüpp hineinzieht. (Simon Leuthold)
Albumtipp
«Lahai» von Sampha – R'n'B mit Soul und Weitblick: Drake, Beyoncé, Travis Scott: das Who-is-Who der zeitgenössischen Rap- und Popwelt hat sich in den letzten Jahren schon unzählige Male stimmliche Unterstützung des Londoner Neo-Soul-Sängers Sampha geholt. Nun veröffentlicht Sampha, ein Mann mit einer wirklich einzigartigen Stimme, sein erstes Soloalbum seit sechs Jahren. Moderner R'n'B und Soulx, der – auch dank seiner ausgeklügelten Produktionen – weit über den Tellerrand hinausschaut. (Luca Bruno)
Filmtipp
David gegen Goliath, Reddit gegen die Wall Street: Im Film «Dumb Money» begreift man auch nicht alles, aber es reicht. Der Film mit den Hollywood-Komiker Seth Rogen und Pete Davidson erzählt eine wahre Geschichte aus der Corona-Zeit. Es geht um den unglaublichen Aufstieg der «GameStop»-Aktie, um den Kampf zwischen Kleinanlegern und mächtigen Hedgefondsmanagern. Das Ganze: eine klassische Hollywood-Story über einen Aussenseiter, der sich mit den Mächtigen anlegt, weil er sich wünscht, dass jeder die Chance haben sollte, an der Wall Street reich zu werden. (Enno Reins)
Konzerttipp
Rockige Sounds aus der Sahara: Der algerische Touareg-Musiker Kader Tarhanine ist in der Wüste aufgewachsen und besingt das Dasein der Nomaden. Trotz internationaler Erfolge will er insbesondere junge Touareg erreichen und ihnen die eigene Kultur und Identität aufzeigen. Dafür unterlegt er seinen Gesang mit verzerrten E-Gitarren, satten Bässen und Schlagzeug. Daraus entsteht kraftvoller Wüsten-Rock, der wie eine unaufhaltsame Welle anrollt und dem sich auch westliche Ohren kaum entziehen können. (Roman Hošek)
Ausstellungstipp
Ein Manifest für die Malerei: Am Anfang stand ein Schock. Als die britische Künstlerin Rachel Lumsden vor über 20 Jahren in die Schweiz kam, wurde sie mit ihrer gegenständlichen Malerei ausgelacht. Die Künstlerin blieb stur bei ihrer Kunst und hat über die Gründe nun ein Buch geschrieben. «Ritt auf der Wildsau» (erschienen bei Scheidegger & Spiess) ist eine hinreissende Liebeserklärung an die Malerei. Und: Dass Lumsden nicht nur schreiben, sondern auch malen kann, ist in ihrer Ausstellung im Kunstmuseum Thurgau zu entdecken. (Ellinor Landmann)