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Trockenheit im Hochgebirge Mit künstlichen Gletschern gegen den Klimawandel

Der Klimawandel verändert den Zugang zu Wasser. Künstliche Eiskegel – Eisstupas – sammeln im Winter Schmelzwasser und geben es im Frühling für die Bewässerung der Felder frei.

In Ladakh, der nördlichsten Region Indiens, ist es karg. Die Winter sind kalt, die Sommer mild. Im Schatten der hohen Berge des Himalayas fällt kaum Niederschlag. Das Schmelzwasser der Gletscher und Schneedecken ist fast die einzige Wasserquelle, um die Felder zu bewässern. Doch der Klimawandel verändert das Schmelzwasser.

Blick auf karge Berglandschaft und Dorf im Vordergrund.
Legende: Nur wenig Niederschlag schafft es über die Fünf- und Sechstausender der Region. Reuters

Die Gletscher schmelzen, doch das Wasser fehlt

Lange Zeit fingen die Gletscher im Frühjahr an zu schmelzen. Das Schmelzwasser erreichte im April oder Mai die Dörfer. Pünktlich, um die Felder nach der Saat zu bewässern. Mit dem Klimawandel ziehen sich Gletscher und Schneedecke aber immer weiter in die Höhe zurück. Das heisst, sie schmelzen erst später. Folglich erreicht das Schmelzwasser die Dörfer immer später - zu spät für die Bewässerung. Ohne ausreichend Schmelzwasser im Frühjahr ist die Existenz der Bergdörfer bedroht. Die Lösung: Das ungenutzte Schmelzwasser des Winters bis im Frühjahr speichern.

Verlauf des Schmelzwassers der natürlichen und der künstlichen Gletscher
Legende: Der dunkelblaue Bereich zeigt das Schmelzwasser der natürlichen Gletscher. Es erreicht die Dörfer erst deutlich nach der Aussaat. nach Nüsser et al., 2019

Dank Kegel aus Eis, Wasser zur rechten Zeit

Im Winter fliesst wenig Schmelzwasser die Täler hinunter. Weil in den kalten Wintermonaten keine Landwirtschaft möglich ist, kann das Wasser nicht genutzt werden. Dieses Schmelzwasser wird nun angezapft und zu den Dörfern geleitet. Dort lässt man es aus senkrechten Rohren in die Luft sprühen. Diese zerstäubten Wassertröpfchen gefrieren – ähnlich wie beim künstlichen Beschneien von Skipisten. Nach einer gewissen Zeit entstehen mehrere Meter hohe Eiskegel – die sogenannten Eisstupas.

Zwei Eiskegel nebeneinander in einer braunen Umgebung.
Legende: Künstliche Eiskegel dienen als Wasserreservoir. Shutterstock/Various images

Wegen der tieferen Lage beginnen die künstlichen Eiskegel früher zu schmelzen als die natürlichen Gletscher. Sie liefern so Wasser für die Landwirtschaft. Das Schmelzwasser wird mit Schläuchen direkt in die Felder geleitet. Eisstupas überbrücken die Zeit, bis das Schmelzwasser der «richtigen» Gletscher in die Dörfer fliesst. Die Eisstupas helfen ein Stück weit, mit den Folgen es Klimawandels zu leben.

Zwei Eiskegel in brauner Landschaft im Vordergrund. Dann ein Dorf. Im Hintergrund hohe, schneebedeckte Berge.
Legende: Die Eisstupas werden bei den Feldern hinter dem Dorf aufgebaut. Das Schmelzwasser fliesst direkt zu den Feldern. Shutterstock/Naveen Macro

Anders als bei Kunstschnee braucht es für die Stupas keine Energie. Das Wasser fliesst durch den natürlichen Höhenunterschied die Rohre hinauf. Eisstupas schmelzen auch nicht sofort. Dies ist ähnlich wie Schneehaufen direkt neben unseren Strassen, die noch lange in den Frühling hinein bestehen. Der Name leitet sich übrigens von buddhistischen Bauwerken – den Stupas – ab. Sie eine ähnliche Form haben und in dieser Gegend verbreitet sind.

Schweizer Stupas für die Welt

Auch in der Schweiz werden seit einigen Jahren Eisstupas gebaut. Aktuell sollen sie vor allem auf die weltweite Wasserknappheit aufmerksam machen. Es gibt aber auch Ideen, Eisstupas neben Schweizer Berghütten zu bauen und dort als Wasserspeicher zu nutzen. In Guttannen baut die Universität Freiburg ebenfalls jeden Winter Eisstupas. Sie wollen erforschen, unter welchen Bedingungen Stupas wachsen oder schmelzen. Dieses Wissen fliesst nach Ladakh und in die Welt zurück.

Wetterfrage SRF1, 09:12, 26.04.25

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