«Fragt bei Praktikern nach und bedenkt die Konsequenzen eurer Entscheidungen zu Ende» – dieser Aufruf an die Politik kommt von Walter Wirth. Er ist Direktor des Solothurner Energieversorgers AEK Energie AG. Seine Firma organisierte am Donnerstagabend ein hochkarätiges Podiumsgespräch zur Energiezukunft.
Walter Wirth hat oft Mühe mit Entscheidungen «aus Bern». Und liefert dafür ein konkretes Beispiel: «Heute will man Elektroheizungen und Elektroboiler verbieten. Vielleicht merkt man dann in zwei, drei Jahren, dass genau hier gute Speichermöglichkeiten vorhanden wären.» Die Energiebranche wünsche sich weniger Einmischung, dafür mehr freien Markt.
Kritik an staatlichen Subventionen
Das betonte auch der prominenteste Gast am Solothurner Podium: Die Chefin von Alpiq, Jasmin Staiblin, hatte einen ihrer seltenen öffentlichen Auftritte. «Subventionen verzerren den Markt. Eine Technologie setzt sich durch, wenn sie reif ist für den Markt, dazu braucht es in aller Regel keine Subventionen», rief die Chefin des Oltner Stromkonzerns in den Saal. Die Subventionspolitik in Deutschland führe zu einer Erosion am europäischen Strommarkt: Der Strompreis sei innert eines Jahres um 20 bis 25 Prozent gefallen.
Deutschland subventioniert mit 20 Milliarden Euro Sonnen- und Windenergie. Diese Energie überflutet den Strommarkt und drückt auf die Preise. Darunter leide vor allem die Schweizer Wasserkraft, so Staiblin. «Wir sind nicht mehr konkurrenzfähig.» Dabei sei doch die Wasserkraft genau so «eine erneuerbare Energie, dazu auch physikalisch notwendig, um Leistungsschwankungen auszugleichen», wie Staiblin gegenüber Radio SRF betont. Staiblin hofft, dass die Schweizer Politik die Fehler aus Deutschland nicht wiederhole.
Die politische Idee von Jasmin Staiblin hingegen ist eine «klimagerechte CO2-Abgabe» anstelle von Subventionen der Solar- oder Windenergie. Nur damit könne man verhindern, dass die Schweiz künftig schmutzigen Kohlestrom importiere, obwohl sie selber sauberen Wasserstrom produziere.
Die Energiewende ist auch eine Chance
Aber nicht nur die Politik ist gefordert, auch die Unternehmen selber müssen sich neu positionieren. Die Alpiq-Chefin lässt sich dabei noch kaum in die Karten blicken. Sie hat am Podium aber angekündigt, dass die Firma an ihrer Jahresmedienkonferenz im März eine «sehr interessante, neue Strategie» bekannt geben werde. Alpiq setzt demnach vermehrt auf Dienstleistungen im Bereich Energieeffizienz und Elektromobilität.
Für den kleineren Stromversorger AEK Energie AG ist die Energiewende sogar eine grosse Chance, wie Direktor Walter Wirth betont. «Wir haben uns schon seit Jahren diversifiziert. Wir planen und bauen Wärmverbundsanlagen, bieten Elektroninstallationen an. Damit sind wir nahe bei unseren Kunden und können deshalb auch neue Technologien auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten anbieten.»
Dazu geniesse man als regionaler Anbieter ein besonderes Vertrauen. «Wir kommen nicht mit 100-seitigen Verträgen, sondern geschäften auf Augenhöhe. Das ist wichtig, weil unsere Kunden so auch einmal etwas Neues wagen und Risiken eingehen.»
Einen eigentlichen technologischen «Königsweg» für die Energiezukunft der Schweiz sieht Walter Wirth aber nicht. Die technische Entwicklung und die politischen Entscheidungen sind schwer vorhersehbar, das verunsichert die Branche.
Aber auch Wirth spürt im Moment eine etwas bessere Laune: «Die Depression, die Ratlosigkeit ist vorbei.» Und Jasmin Staiblin von Alpiq doppelt nach: «Es gibt durchaus auch Chancen auf dem Markt, wir packen das mit unternehmerischem Weitblick jetzt an.»