Das Verbrechen in Rupperswil zeigt: «Das Böse» lebt quasi unter uns. Unauffällige Menschen können zu brutalen Mördern werden, meint der Theologe und Philosoph Markus Huppenbauer. «Menschen sind fähig zum radikal Bösen. Das vergessen wir in der Schweiz häufig. Würden wir hingegen in Kolumbien leben, wären wir Tag für Tag damit konfrontiert, dass Menschen zu Bösem fähig sind.»
Was verändert der «Fall Rupperswil»?
Ein einzelnes Verbrechen wie in Rupperswil könne eine Gesellschaft durchaus verändern, meint Ethiker Huppenbauer. Ein Beispiel sei die Volksinitiative für eine lebenslange Verwahrung, welche auf ein Verbrechen zurückgeht.
Allerdings würden grosse Terroranschläge eine Gesellschaft nachhaltiger verändern. Huppenbauer nennt die Terroranschläge vom 11. September 2001. Sie veränderten das Leben vieler: «Die Sicherheit wurde nach diesen Ereignissen stärker gewichtet als die eigene Privatsphäre.»
Keine voreiligen Entscheide
Der Badener Professor warnt aber auch vor zu emotionalen Reaktionen - zum Beispiel in der Politik. Die Forderung, dass künftig auch in der Schweiz DNA-Spuren detaillierter ausgewertet werden dürfen (SRF berichtete), müsse sehr genau geprüft werden. Huppenbauer sieht darin zwar generell keine negativen Folgen.
«Aber man muss schon überlegen: Was sind die negativen Folgen?» Im Fall Rupperswil wurden zum Beispiel Handy-Daten von Hunderten von Leuten durchleuchtet. Das führtemöglicherweise zum Erfolg. «Aber auf diese Weise beschuldigen Ermittler auch mal einen Unschuldigen. Da muss man sehr aufpassen», so der Badener.
Auge um Auge?
Kurz nach Bekanntwerden des Täters wurde der Ruf nach der Todesstrafe in sozialen Netzwerken laut. Für Huppenbauer ist das zu einem Teil verständlich: Der Täter habe sich unmenschlich verhalten. Aber deshalb müsse die Gesellschaft das nicht auch so tun.
«In vielen Gesellschaft gilt das; Auge um Auge, Zahn um Zahn», erklärt der Theologe. Dabei gehe es schon beinahe um eine Form der Rache. «Ich sehe es als sozialen Fortschritt, dass wir anders umgehen mit solchen Tätern. Das macht uns zu einem fairen Land.»
Kritik an Berichterstattung
Was der Täter getan hat, sei unentschuldbar. Aber die Gesellschaft solle nicht auf sein Niveau gehen, meint Huppenbauer. «Auch ein Mörder hat Würde verdient. Nicht als Mörder, sondern als Mensch.» Zur Würde gehöre in unserer Gesellschaft zum Beispiel, dass auch ein Mörder nicht gefoltert werde im Gefängnis. Die Haftstrafe und die damit verbundene Einschränkung alltäglicher Freiheiten sei aber gerechtfertigt.
Schliesslich kritisiert der Ethiker ein Stück weit auch einen Teil der Medien-Berichterstattung zum Fall Rupperswil. «Dass der Täter mit verdecktem Gesicht gezeigt wird, das kann man zwar machen, aber es hat keinen Informationswert. Dass aber das Haus der Mutter gezeigt wird, das geht nicht. Das ist ein unzulässiger Eingriff in ihre Privatsphäre», so Huppenbauer.